Bekanntester Hexenprozess in Bernburg

„Man solle Sie verbrennen zu Tode“. Vor gut zwei Jahren fand ein spannender Vortrag zum Thema: Hexenverfolgung im Osttorhaus des Schlosses Bernburg statt. Um die sechzig interessierte Bürger aus Bernburg besuchten die Veranstaltung des Museum Schloss Bernburg. Herr Hartmut Hegler, evangelischer Pfarrer in Ruhestand berichtete von einer denkwürdigen Stunde in seinem Leben. Im Schulunterricht vor zehn Jahren kam durch eine Schülerin das Thema Hexenprozesse auf.


Seit dem beschäftigt sich Hegler massiv mit diesem Thema und stellt auch gleich parallelen zur heutigen Zeit auf. Mobbing am Arbeitsplatz, Menschen fertig machen, dass gleicht einer Folter-Verurteilung unschuldiger Menschen. Eines der ältesten Hobbys der Menschheit ist schlecht über andere zu erzählen, eine deutliche Parallele auch am Beispiel facebook, nur die Qualität ist gestiegen. Während früher nur ein paar Menschen über Lügen erfuhren, ist es heute das ganze Internet. 

 

Seit 300 Jahren ist die Menschheit in diesem Punkt nicht weiter gekommen, so Hegler. Umso erschreckender, dass es heute in vielen Ländern noch Folter gibt, man müsse einen deutlichen Aufruf für den Einsatz der Menschenrechte starten. Folter, um Schuldeingeständnisse zu erpressen und angst vor schwarzer Magie sind heute wie damals Bestandteil, um viel Geld zu verdienen.


Hexenprozesse begannen nicht wie oft angenommen im Mittelalter, sondern viel mehr in der frühen Neuzeit, die Zeit der Renaissance und des Barock 1500 – 1782. Die Hexenprozesse fanden mitten im Zentrum von Europa statt, hauptsächlich in Deutschland, Polen, Schweiz und Frankreich. Die Opfer der Hexenprozesse stammten zumeist aus der Unterschicht. Es ist heute wie damals, die kleinen hängt man, die großen lässt man laufen. Aktuelle Nachrichten zeigen dies immer wieder, ein deutliches Beispiel ist eine Kassiererin im Supermarkt, die wegen eines Flaschenpfandes gekündigt wurde. Banker die Milliarden Anlegerkapital veruntreuen, wohnen irgendwo auf den Bahamas und lassen es sich gut gehen.

 

Entgegen den meisten Annamen, dass Hexenprozesse nur von der katholischen Kirche angefacht wurden, stimmen nicht. Auch die evangelische Kirche war an den Hexenprozessen beteiligt. In Europa wurde ca. 60.000 Opfern der Prozess gemacht, allein in Deutschland 25.000. Am stärksten waren die Regionen in Franken und Westfalen von den Hexenprozessen betroffen.

 

1630 fand ein großer Kinderhexenprozess statt, auch Männer wurden ebenso wie Frauen gefoltert, gequält und auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Christine Teipel war ein 8-jähriges Mädchen, welches verurteilt wurde, Freund des Teufels zu sein. Eine Verschwörung, die den Tod durch Befragung wer noch zum Bund gehöre, den Tod der ganzen Familie nach sich zog. In evangelischen Gebieten war der Anteil der verurteilten Frauen höher, als in katholischen Gebieten. Hier lag die Verurteilung der Männer deutlich über den Frauen.

 

Die meisten angeklagten Menschen waren vor allem: arm, alt und allein. Oft waren dies Dienstmädchen, Landarbeiterinnen oder Angehörige bereits verurteilter Familienmitglieder, kurz: Menschen ohne Lobby.

 

Im Zeitraum von 1554 – 1664 wurden in der evangelischen Zeit 46 Menschen der Hexenverfolgung in Bernburg angeklagt. 1600 wurde eine Zauberin aus Bernburg, genannt die „Rosenkränzin“ zum Tode verurteilt. Der bekannteste Hexenprozess in Bernburg war allerdings die Verurteilung der Frau des Bürgermeisters wegen Spukerscheinungen eines angeblichen Kobolds im Hause des Superintendenten Magister Conrad Reinhard, Pfarrer an der Marienkirche Bernburg.

 

Der Prozess gegen Barbara Meyhe, geb. Bansin begann 1617. Bis 1619 wurden 49 Zeugen vernommen, viele Vorwürfe von Leuten entstanden aus Neid! Für die Spukerscheinungen wurde die ältere Frau Barbara Meyhe verantwortlich gemacht. Der Superintendent Reinhard wetterte in jeder Predigt gegen Zauberei und gegen die Meyhin. Möglicherweise steckte die Dienstmagd im Haus der Superintendanten, Esther, hinter den Geräuschen des angeblichen Kobolds und den Diffamierungen. Die Erscheinungen hörten mit ihrem Weggang auf. Christian I. ließ sich die Akten schicken und verfügte am 10. Juni 1617 die Einholung von Gutachten zur Rechtsbelehrung. Die Juristenfakultät Helmstedt und Jena empfahlen die Inhaftierung und Folter.

                              

Im Verhör der Angeklagten Frau des Bürgermeisters am 06. August 1617 im Kornhaus bestritt sie alle Anklagepunkte: „sie wäre Zauberey wegen ganz rein und unschuldig, …das bekennet sie vor Gott.“ Eine Frau aus Nienburg, Kramersfrau Elisabeth Vogt erpresste die Familie des Bürgermeisters mit Andeutungen über geheimes Wissen. Familie Meyhe verklagte sie. In Verhören ab den 13, November 1617 belastete Elisabeth Vogt die Bürgermeisterfrau erheblich und beschäftigte lange das Gericht und die Öffentlichkeit. Elisabeth Vogt wurde am 06. Juni 1618 verurteilt und mit dem Schwert hingerichtet wegen Mord, Dieberei und Ehebruch.

 

Christian I. verfügte in einem Gnadenakt eine „Extraordinaire Strafe“, die Bürgermeisterfrau Barbara Meyhe und ihren Ehemann in Anbetracht ihrer fast zweijährigen Haft und der harten Folter auf ewig des Landes zu verweisen. Sie mussten alle Unkosten des Prozesses erstatten. Auf der Kostenrechnung waren erheblich Beträge für Gutachten, der juristischen Fakultät, Gerichtskosten, Folterkosten und Gefängnisaufenthalt verbucht. Am 13. April 1619 nahm sie, körperlich und geistig zerrüttet, die Gnade des Fürsten an. Finanziell ruiniert verließen beide die Stadt Bernburg. Ihr weiteres Schicksal ist nicht bekannt.