Wittenberger Kanzelrede/ Ministerpräsident Haseloff: Bibel kann der Politik wichtige Impulse geben

Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff hat heute in der Stadtkirche St. Marien in Wittenberg die traditionelle Wittenberger Kanzelrede gehalten. Im Mittelpunkt stand das Themenfeld „Feindschaft und Toleranz“ nach der sogenannten lukanischen Feldrede (Lukas 6,27 f). Diese könne durchaus auch einem Politiker Impulse geben und ihn auf alternative Optionen hinweisen, so der Ministerpräsident.

„Liebet eure Feinde’ ist auch als eine Aufforderung zu verstehen, mit meinen Feinden zu verhandeln und nicht a priori Gleiches mit Gleichem zu vergelten – nicht auf eine Eskalation mit einer weiteren Eskalation zu antworten, so dass am Ende niemand mehr weiß, wer eigentlich verantwortlich war. Das Gebot ist ein ausdrücklicher Aufruf, auf Rache zu verzichten und stattdessen über Moral und Gewissen nachzudenken. Das wirkt provozierend. Aber ist das eine Moral für Schwächlinge, wie Nietzsche verächtlich meinte? Das Gegenteil trifft zu,“ betonte Haseloff. Ein Beleg dafür sei der Erfolg der friedlichen Revolution in der DDR vom Herbst 1989.

 

Der Ministerpräsident verwies zudem auf die Bedeutung des Christentums für die Gesellschaft: „Der Sinn des Lebens lässt sich nicht ausschließlich mit materiellen Mitteln erschließen. Andererseits wird es für den modernen Menschen immer schwieriger, auf althergebrachte Weise religiös zu sein. Neue Wege zu den alten überlieferten Werten und Wahrheiten müssen also gefunden werden.“

 

„Das viele Jahrhunderte die europäische Kultur prägende Christentum hat nach wir vor nicht nur einen moralstabilisierenden Charakter. Es kann auch verlässliche Orientierung und ein erfülltes Leben bieten und dem Staat jene moralischen Kräfte zuführen, die zu seiner Aufrechterhaltung notwendig sind. Denn kein Staat und keine Gesellschaft können dauerhaft auf einen verbindenden und verbindlichen Wertekonsens und auf letzte, nicht mehr hinterfragbare Werte verzichten. Sie brauchen Bindekräfte“, betonte Haseloff. Dies mache auch der Gottesbezug im Grundgesetz und in der Landesverfassung Sachsen-Anhalts deutlich.

 

Die Kanzelreden im Jahr 2013 stehen unter dem Thema „Reformation und Toleranz“. Seit 2003 finden regelmäßig vier Mal pro Jahr in der einstigen Predigtkirche Martin Luthers Gottesdienste mit Predigten prominenter Persönlichkeiten aus Politik, Wissenschaft und Gesellschaft statt. Haseloffs Kanzelrede bildet den Auftakt für das Jahr 2013.