Bürgerinitiative „Keine Schweinerei“ – Missbraucht die Stadtverwaltung das Vertrauen?

Samstagabend lud die Bürgerinitiative „Keine Schweinerei“ zu einer Diskussionsrunde in das Metropol Bernburg ein. Nach Vorlage des Antrages für den Schlachthof beim Stadtrat stimmten laut Aussage von Prof. Buhmann 28 Stadträte unter Geheimhaltung der nichtöffentlichen Sitzung den sieben Seiten Fakten zum Bau des Schlachthofes in Bernburg zu. Erst drei Monate später wurde dies der BILD Zeitung gesteckt, so erfuhren die Bürger davon. Nach Ansicht von Buhmann missbraucht die Stadtverwaltung das Vertrauen der Bürger. Warum zeigt niemand Flagge, wo bleibt die Transparenz? Landesgeschäftsführer des Landesverbandes Sachsen-Anhalt e.V. BUND Oliver Wendenkampf, Arbeitsplätze seien kein Argument für modere Sklaverei. Der Stadtrat hat die Aufgabe, die Bürger zu vertreten. Öffentliches Geld sollte auch nur für öffentliche Ausgaben genutzt werden, nicht für einen Investor aus Italien. Und das Argument des Wirtschaftsdezernenten Holger Dittrich „Gewerbesteuer Einnahmen“, verpuffte im Gelächter der Anwesenden. Am 08. Mai ist eine öffentliche Stadtratssitzung, bei welcher eine Fragestunde für Bürger zum Thema Schlachthof eingerichtet ist. 

Die Liedermacher TAGELÖHNER eröffneten den Diskussionsnachmittag mit dem Hinweis: Das Grundrecht in der Demokratie sei die Mitsprache. Als Auftakt im prall gefüllten Saal erklang das Lied vom Korn Schwein, ein Solidaritätskonzert gegen den Bau eines Schlachthofes in Bernburg. Anwesend war auch die „Mobilmacherin aus Aschersleben“, Schülerin Lucia Grün, welche mit ihrer Petition gegen den Schlachthof über 47.000 Stimmen gesammelt hat.

 

Im Rahmen der gestrigen Veranstaltung konnten sich Interessierte an der Gründung einer Bürgerinitiative gegen den Verkauf eines Städtischen Grundstückes zum Nachteil der Interessen der Stadt Bernburg (Saale) engagieren. Mit dieser BI sollen dann mögliche außerparlamentarischen und parlamentarischen Wege begangen werden um gravierende negative Folgen, wie diese zum Beispiel in Weißenfels allgemein bekannt sind von Bernburg abzuwenden. 


Warum ein italienischer Großinvestor ausgerechnet in Bernburg 25 Mio. Euro investieren will, ist fragwürdig. All zu mahl dieser in Osteuropa ähnliche Schlachthöfe unterhält. Es liegt kein erkennbarer Bedarf vor, in Bernburg 20.000 Tiere am Tag zu schlachten. Noch dazu, wo der Investor in Italien mit diesem Projekt bereits gescheitert ist. Der Bauernverband sieht keine entsprechenden Produktionskapazitäten. In Halberstadt werden täglich 400 – 600 Tiere geschlachtet, in Weißenfels 15.000 Tiere am Tag. 

 

Deshalb muss der Bau in Bernburg abgelehnt werden. Und dafür gibt es jede Menge Gründe, so Undine Kurth, Landesvorsitzende des BUND. Tierschutz, Umweltschutz, Gesundheitsschutz und die Verschwendung von Steuergeldern sind nur ein paar Argumente. Massentierhaltung ist eine Respektlosigkeit gegenüber den Tieren, welche auf 0,65 qm Raum innerhalb von vier Monaten gemästet werden. Die Zuchttiere werden mit Medikamenten in Mastfutter manipuliert, sodass diese schneller wachsen. Durch die Grossaufzuchtanlagen entsteht jedoch mehr Gülle, welche zur Überdüngung, Grundwasserbelastung und Umweltbelastungen in Form von Keimen führt. Die bevorstehende Kommunalwahl sollte für das Anliegen gegen einen Schlachthof genutzt werden, so Undine Kurth.

 

Unmengen von Trinkwasser, die Aufrüstung der Kläranlage in Bernburg Dröbel, die Kosten und Umlagen für die Bürger liegen laut Aussage des Chef des Abwasserzweckverbandes im niedrigen zweistelligen Millionenbereich. Was genau damit gemeint ist, weis niemand, das können 13 Mio., aber auch 37 Mio. sein. Außerdem werden Umweltschäden in der Region durch Intensivtierhaltung mit Antibiotikaresidenzen Bakterien entstehen. Große Massentierhaltungen machen den bäuerlichen Mittelstand kaputt. Allein der Futtermittelimport beträgt mehr als 70%, über 35 Mio. Tonnen davon stammen aus Argentinien und Brasilien. Auch Arbeitsplätze sind kein Argument, sie sind lediglich modere Sklaverei, da die meisten Arbeiter eben nicht aus dieser Region stammen und mittels Werksverträgen über Zeitarbeitsfirmen beschäftigt würden.

 

Clemens Wanske schilderte aus Weißenfeld seine Sicht über den Schlachthof als Anwohner. 16.000 bis 17.000 Tiere am Tag werden in der Tötungsanstalt Weißenfels verarbeitet. Die Stadt Weißenfels unterstützte die massive Erweiterung des Schlachtbetriebes unter anderen mit Steuergeldern. 180 bis 200 Tiere pro LKW-Ladung werden bis Nachts 01:00 Uhr herangeschafft. Laut Kennzeichen kommen diese Fahrzeuge zum großen Teil aus Belgien. Oft stehen die LKW mit den Tieren in der Nacht zwischen 01:00 bis 05:00 Uhr im angrenzenden Wohngebieten herum, dass erzeugt nicht nur am Tage, sondern in der Nacht mächtig Gestank und Lärm. Die längeren Transportzeiten als erlaubt beunruhigen die Tiere. Auch in Punkto Kläranlage erklärte er, dass die Erweiterung 9,5 Mio. Euro kostete, wovon 60% gefördert wurden. Dies zieht natürlich eine Erhöhung der Abwassergebühr für die Bürger nach sich. Seit 2004 kämpfen Bürgerinitiative, jedoch müssen die Einwohner mit den Dingen leben, Wanske hofft, dass dies den Einwohnern von Bernburg erspart bleibt. In Weißenfels wurden Fahrzeugzählungen durchgeführt und beim Landesverwaltungsamt eingereicht. Jedoch berief man sich auf eigene Zahlen aus dem Unternehmen, dabei ging es vor allem um die Uhrzeiten der ankommenden Schweinetransporte. Clemes Wanske warnte die Zuhörer vor Blauäugigkeit der Bevölkerung, wird das Werk erst einmal gebaut, gibt es kein zurück mehr.

 

Damals plädierte der Bürgermeister, es gäbe keinerlei Geruchsbelästigung, jedoch sei die Frage, ob es in der Stadt stinkt, eine Frage der Windrichtung. Darauf hin stellte das Landesverwaltungsamt Messstationen auf, allerdings sei die Frage nach dem warum, wenn doch keinerlei Geruchsbelästigung festgestellt wurde. Auch zu den versprochenen Arbeitsplätzen äußerte er sich kritisch, die Zahl der einheimischen Arbeitsplätze sei kaum gestiegen, jedoch habe sich der Anteil der Leiharbeitskräfte inzwischen verzehnfacht, viele davon seien Rumänen.

 

Holger Böttger, Bürgerinitiative „Keine Schweinerei“ sieht das ähnlich, die Beschäftigung ausländischer Wanderarbeiter habe negativen Einfluss auf das Lohnniveau im Salzlandkreis. Außerdem müsse die Kläranlage um 50% erweitert werden. Es können aber nicht sein, dass der Bürger dies zahlt, sondern hier sollte der Abwasserverursacher auch die Kosten übernehmen. Die so angepriesene Einnahme der Gewerbesteuer zweifelte er an, es können nicht sein, dass durch den Schlachthof die Lebensqualität für die Bürger in Bernburg sinke, deshalb müsse man gemeinsam gegen den Schlachthof stimmen. Sollte der Schlachthof in Bernburg gebaut werden, würden in Sachsen-Anhalt 37 Millionen Schweine jährlich geschlachtet, der Wahnsinn den niemand will, so Böttger.

 

Hr. Meinicke, Ortsvorsitzender der SPD und Befürworter der Bürgerinitiative zum Thema: Bei den blanken Zahlen von 2.400 Arbeitskräfte in Bernburg, 25 Mio. Investition eines italienischen Investors hat wahrscheinlich beim Wirtschaftsförderer der Stadt Bernburg der Verstand ausgeschaltet. Der Schlachthof Bernburg ist schlechthin volkswirtschaftlicher Unsinn.

 

Die Grüne Landtagsfraktion sprach sich für regionale Schlachtstrukturen aus. 1.2 Mio. Schweine stehen in Sachsen-Anhalt, diese sind nach vier Monaten schlachtreif. Mehr Tiere sind einfach nicht da, dass bedeutet ohne weite Transporte und weitere große Tierhaltungsanlagen seien diese Zahlen unmöglich. Landesweit gibt es 177 Schweinehaltungsanlagen. Oft findet keine Artgerechte Haltung statt, die Tiere beißen sich wegen der Enge in den Boxen, deshalb werden die Schwänze abgeschnitten. Wir kämpfen für eine bessere Tierhaltung.

 

Prof. Buhmann: Die Bürger sind sensibler als der Stadtrat, dieser sollte endlich Transparenz zeigen. Deshalb werden von der Bürgerinitiative überall Unterschriften gesammelt, 3.000 müssen bis zum 02. Mai bei der Stadt Bernburg vorliegen. Nur dann könne es zu einem Bürgerentscheid kommen, wodurch der Verkauf des Grundstückes an der A14 an den italienischen Investor gestoppt werden kann. Allerdings müssten dann zur Kommunalwahl mindestens 7.500 Bernburger wählen gehen und gegen das Projekt stimmen.

 

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