Wo­hin steu­ert die Schiff­fahrt auf Elbe und Saale?

Über 10 Jahre galt die zwi­schen Bundesverkehrs- und Bun­des­um­welt­mi­nis­te­rium ver­ab­re­dete Ab­sichts­er­klä­rung: „Für die Fahr­rinne der Bin­nen­elbe wird bei Nied­rig­was­ser un­ter­halb von Dres­den eine Fahr­rin­nen­tiefe von 1,60 Me­ter un­ter GlW* an 345 Ta­gen im Jahr an­ge­strebt, ober­halb von Dres­den soll die Fahr­rinne 1,50 Me­ter* tief sein.“ Doch da­von will das Bun­des­ver­kehrs­mi­nis­te­rium nun nichts mehr wis­sen – und stößt dem Binnenschifffahrts- und Ha­fen­ge­werbe in die­ser Re­gion vor den Kopf. „Vor­fest­le­gun­gen, ins­be­son­dere zu den zu­künf­ti­gen Fahr­rin­nen­tie­fen an der Elbe, sind kon­tra­pro­duk­tiv“, heißt es in ei­nem Schrei­ben von Enak Fer­le­mann, Par­la­men­ta­ri­scher Staats­se­kre­tär beim Bun­des­ver­kehrs­mi­nis­ter Alex­an­der Do­brindt, an zwei Bun­des­tags­ab­ge­ord­nete, das dem Bun­des­ver­band der Deut­schen Bin­nen­schiff­fahrt e.V. (BDB) vorliegt.

Fer­le­mann fegt mit die­ser Aus­sage vom Tisch, was be­reits seit 2002 be­schlos­sene Sa­che war und zu­letzt noch im Jahr 2011 im ge­mein­sa­men Eck­punk­te­pa­pier des Bundesverkehrs- und des Bun­des­um­welt­mi­nis­te­ri­ums für ein Ge­samt­kon­zept Elbe als Un­ter­hal­tungs­ziel be­stä­tigt wurde. 


Die­ses Un­ter­hal­tungs­ziel stellt für das Schiff­fahrts­ge­werbe eine ab­so­lute Min­dest­an­for­de­rung an die Fahr­was­ser­ver­hält­nisse an der Elbe dar: Über we­ni­ger als 1,60 Me­ter* Fahr­rin­nen­tiefe kann die Bun­des­re­gie­rung mit dem Bin­nen­schiff­fahrts­ge­werbe nicht ernst­haft dis­ku­tie­ren, denn selbst dies stellt ei­nen äu­ßerst schmerz­haf­ten Kom­pro­miss dar: Ur­sprüng­lich war zu­sätz­lich zur Fahr­rin­nen­tiefe von 1,60 Me­ter* an der ge­sam­ten Elbe im Bun­des­ver­kehrs­we­ge­plan eine Fahr­rin­nen­tiefe von 2,50 Me­ter* an etwa der Hälfte des Jah­res vorgesehen.


In­wie­fern diese seit 13 Jah­ren res­sort­über­grei­fend gül­tige Ver­ab­re­dung nun eine „kon­tra­pro­duk­tive Vor­fest­le­gung“ sein soll, er­klärt der Staats­se­kre­tär nicht. Die bis­he­ri­gen Er­klä­run­gen der Bun­des­re­gie­rung zu den Un­ter­hal­tungs­zie­len an der Elbe wer­den da­mit je­doch zu Ma­ku­la­tur und stel­len die Wirt­schafts­ver­bände im Pro­zess für das Ge­samt­kon­zept Elbe vor ver­än­derte Tat­sa­chen. Wenn jede kon­krete De­fi­ni­tion ei­ner zu­künf­ti­gen Fahr­rin­nen­tiefe an der Elbe eine „kon­tra­pro­duk­tive Vor­fest­le­gung“ dar­stellt, sollte im Rah­men der Er­ar­bei­tung ei­nes Ge­samt­kon­zepts Elbe das ur­sprüng­li­che Aus­bau­ziel von 2,50 Me­ter* an der Hälfte ei­nes Jah­res eben­falls wie­der in die Dis­kus­sion ein­ge­bracht werden.


Hin­ter­grund: Die Elbe zwi­schen der deutsch-tschechischen Grenze und Ham­burg ver­bin­det die Wirt­schafts­zen­tren Tsche­chi­ens, Sach­sens, Sachsen-Anhalts, Nie­der­sach­sens, Bran­den­burgs und Ber­lins mit dem Ha­fen Ham­burg bzw. mit dem west­deut­schen Bin­nen­was­ser­stra­ßen­netz. Un­ter dem Ein­druck der Hoch­was­se­r­er­eig­nisse an der Elbe wurde im Jahr 2002 be­schlos­sen, an der Elbe trotz der wis­sen­schaft­lich nach­ge­wie­se­nen ho­hen Wirt­schaft­lich­keit auf wei­tere Aus­bau­maß­nah­men zu ver­zich­ten und an der Elbe le­dig­lich den Zu­stand vor dem Hoch­was­ser wie­der her­zu­stel­len. Im Ver­gleich zum Ver­kehrs­kon­zept des BVWP 1992 wurde so­mit un­ter­halb Dres­dens das Mi­ni­mal­ziel von 1,60 Me­ter* Fahr­rin­nen­tiefe an 345 Ta­gen auf­recht­er­hal­ten. Das für die Wirt­schaft­lich­keit der Schiff­fahrt min­des­tens gleich be­deut­same Ziel ei­ner min­des­tens 2,50 Me­ter* tie­fen Fahr­rinne in der Hälfte des Jah­res wurde im Un­ter­hal­tungs­kon­zept je­doch auf­ge­ge­ben. Ober­halb Dres­dens wurde die Ziel­größe auf 1,50 Me­ter* ver­rin­gert, was grenz­über­schrei­tende Ver­kehre mit Tsche­chien ein­schränkt. Diese Un­ter­hal­tungs­ziele wa­ren be­reits Be­stand­teil der „Grund­sätze für das Fach­kon­zept der Un­ter­hal­tung der Elbe zwi­schen Tsche­chien und Geest­hacht“. Der­zeit ent­spre­chen die Fahr­rin­nen­tie­fen­ver­hält­nisse im­mer noch nicht dem an­ge­streb­ten Ziel.

 

* Werte je­weils be­zo­gen auf Gleich­wer­ti­gen Was­ser­stand (GlW). Der GlW ist der Was­ser­stand, der bei als gleich­wer­tig fest­ge­leg­ten Ab­flüs­sen längs ei­ner Fluss­stre­cke auf­tritt. Er stellt ei­nen Nied­rig­was­ser­stand dar, der im lang­jäh­ri­gen Mit­tel an zwan­zig eis­freien Ta­gen im Jahr an den je­wei­li­gen Richt­pe­geln un­ter­schrit­ten wird.

 

Über den BDB e.V.: Der 1974 ge­grün­dete Bun­des­ver­band der Deut­schen Bin­nen­schiff­fahrt e.V. (BDB) ver­tritt die ge­mein­sa­men ge­werb­li­chen In­ter­es­sen der Un­ter­neh­mer in der Güter- so­wie der Fahr­gast­schiff­fahrt ge­gen­über Po­li­tik, Ver­wal­tung und sons­ti­gen In­sti­tu­tio­nen. Mit­glie­der des BDB sind des­halb Par­ti­ku­liere, Ree­de­reien und Ge­nos­sen­schaf­ten. Auch För­der­mit­glie­der un­ter­stüt­zen die Ar­beit des BDB. Der Ver­band mit Sitz in Duis­burg und Re­prä­sen­tanz in Ber­lin be­zieht Stel­lung zu ver­kehrs­po­li­ti­schen Fra­gen und bringt sich ak­tiv in die Ge­stal­tung der wirt­schaft­li­chen Rah­men­be­din­gun­gen ein. Seit der Fu­sion mit dem Ar­beit­ge­ber­ver­band (AdB) im Jahr 2013 ver­tritt der BDB auch die Be­lange der Ver­bands­mit­glie­der in arbeits-, tarif- und so­zi­al­recht­li­chen so­wie personal-, sozial- und bil­dungs­po­li­ti­schen An­ge­le­gen­hei­ten und ist Ta­rif­ver­trags­part­ner der Ge­werk­schaft Verdi. Der BDB be­treibt das in Duis­burg vor An­ker lie­gende Schul­schiff „Rhein“ – eine eu­ro­pa­weit ein­zig­ar­tige Aus-, Fort- und Wei­ter­bil­dungs­ein­rich­tung für das Binnenschifffahrtsgewerbe.