Deutlicher Anstieg rechtsmotivierter Straftaten in 2015

Mit 122 Taten bezogen auf 100.000 Einwohner ist Halle der höchsten Belastung rechtsmotivierter Kriminalität ausgesetzt. An zweiter Stelle liegt der Burgenlandkreis mit 95 Taten. Im Bereich der linksmotivierten Kriminalität nimmt die Stadt Magdeburg mit 31 Delikten je 100.000 Einwohner den Spitzenwert ein, die Stadt Halle weist mit 15 Straftaten den zweithöchsten Wert in diesem Bereich aus.


Sachsen-Anhalts Minister für Inneres und Sport, Holger Stahlknecht, hat heute in Magdeburg die Statistik zur politisch motivierten Kriminalität vorgestellt. Mit insgesamt 2.162 erfassten Delikten ist die Anzahl der politisch motivierten Straftaten um 428 Taten gegenüber dem Jahr 2014 gestiegen. Während die linksmotivierten Taten von 252 auf 230 Fälle leicht rückläufig sind, kam es im Bereich der rechtsmotivierten Straftaten zu einem sehr deutlichen Anstieg.

 

1.749 Delikte, das entspricht 80,9 Prozent am Gesamtaufkommen, wurden in diesem Phänomenbereich registriert, das sind 488 Taten mehr als im Jahr 2014. Den größten Teil der rechtsmotivierten Straftaten machen mit 1.037 erfassten Taten (59,3 Prozent) die Propagandadelikte aus, wozu unter anderem Schmierereien verfassungsfeindlicher Symbole, das öffentlichkeitswirksame Skandieren von Parolen wie „Heil Hitler“ oder das Abspielen von Tonträgern mit rechtsextremistischen Inhalten gehören. Den zweitgrößten Bereich (603 Taten bzw. 34,5 Prozent) machen Delikte wie Beleidigungen, Sachbeschädigungen, Verstöße gegen das Versammlungsgesetz und Volksverhetzungen aus.

 

Mehr als eine Verdoppelung gab es bei den rechtsmotivierten Gewalttaten. 109 Fälle wurden im Jahr 2015 registriert, das sind 62 Taten mehr als im Jahr 2014. Innenminister Holger Stahlknecht: „Diese Entwicklung ist besorgniserregend und sie ist vor allem nicht hinnehmbar. Wir werden alle Anstrengungen unternehmen, um die Täter zu ermitteln und der Justiz zuzuführen.“

 

Den Großteil rechtsmotivierter Gewalt machten im vergangenen Jahr Körperverletzungsdelikte aus, von denen 93 Taten erfasst worden sind. Hinzu kommen fünf Brand- bzw. Sprengstoffdelikte, von denen sich drei Taten als Angriff gegen eine Flüchtlingsunterkunft richteten.

 

Insgesamt mussten im vergangenen Jahr 71 Angriffe (2014: 8) auf Flüchtlingsunterkünfte registriert werden. Hierzu zählt jede Tat, die sich gegen jede Art einer Unterkunft als direktes Angriffsziel richtete, (z. B. bestehende, im Bau befindliche sowie geplante Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte und Wohnungen Asylbegehrender, Asylberechtigter und Personen mit Flüchtlingsschutz) und auch Angriffe auf die genannten Personen innerhalb der Unterkunft. Bei diesen Delikten handelte es sich neben den drei genannten Brand- bzw. Sprengstoffdelikten um 21 Sachbeschädigungen, 17 Volksverhetzungen, 15 Propagandadelikte, sechs Körperverletzungen, vier Beleidigungen und drei Bedrohungen. Bisher konnten 38 der 71 Delikte geklärt werden.

 

Stahlknecht: „Ich finde es beschämend und widerwärtig, wenn Schutzsuchende in unserem Land Opfer von Anfeindungen oder gar Gewalt werden. Die Polizei wird diese Taten mit aller Konsequenz verfolgen. Doch es ist und bleibt vor allem eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, jedweder Form von Fremdenfeindlichkeit keinen Raum zu lassen.“

 

Die Anzahl fremdenfeindlicher Straftaten, also Handlungen, die sich gegen Menschen aufgrund ihrer Nationalität, Hautfarbe, Herkunft oder Weltanschauung richten, hatten sich von 255 Taten im vergangenen Jahr auf 574 Delikte mehr als verdoppelt und nimmt den mit Abstand höchsten Wert im Zehnjahresvergleich ein. Fremdenfeindliche Delikte äußerten sich hauptsächlich als Volksverhetzung und Beleidigungen (329 Straftaten), als Propagandastraftaten (71 Straftaten), aber auch als Körperverletzungen (64 Straftaten).

 

Da die statistische Erfassung trennscharfe Aussagen zu tatsächlich geschädigten Flüchtlingen oder Asylbegehrenden nicht ermöglicht, wurde stellvertretend nach Tathandlungen recherchiert, die sich gegen Personen mit nichtdeutscher Staatsangehörigkeit richteten. Gegenüber den relativ konstanten Fallzahlen in den Vorjahren ist die Anzahl der Straftaten gegen Nichtdeutsche von 109 Delikten im Jahr 2014 auf 159 im vergangenen Jahr angestiegen. 60 dieser Delikte waren Gewalttaten, 2014 waren es 27 Fälle.

 

Im Bereich der antisemitischen Straftaten blieb die Anzahl mit 74 Delikten auf dem gleichen Niveau des Vorjahres. Eine weitere Zunahme ist auch bei den Straftaten zu verzeichnen, die sich gegen Staat und Polizei richten. 342 Delikte sind für 2015 erfasst worden, was zugleich einen Anstieg von 20 Delikten gegenüber dem Jahr 2014 und den Höchstwert der vergangenen zehn Jahre darstellt. 198 dieser Taten, zu der Körperverletzungen, Bedrohungen oder Widerstandsdelikte gehören sind aus einer rechten Tatmotivation heraus begangen wurden, 91 dieser Delikte mit einer linken Tatmotivation.

 

Aufklärungsquote

 

Insgesamt sind im vergangenen Jahr 1.094 Straftaten aufgeklärt worden, was einer Quote von 50,6 Prozent entspricht. Gegenüber dem Jahr 2014 konnte die Aufklärungsquote um 0,3 Prozentpunkte gesteigert und damit der höchste Wert nach dem Jahr 2007 erreicht werden. Im Bereich der rechtsmotivierten Delikte lag die Aufklärungsquote bei 51,5 Prozent (900 aufgeklärte Delikte), im Bereich der linksmotivierten Straftaten lag dieser Wert bei 43 Prozent (99 aufgeklärte Taten).

 

Tatverdächtige

 

Im Jahr 2015 wurden 1.428 Tatverdächtige ermittelt, das sind 403 Tatverdächtige mehr als im Jahr 2014. Der Anteil jener Täter, die zum Tatzeitpunkt jünger als 21 Jahre war, lag bei 29,3 Prozent. Vor fünf Jahren lag dieser Anteil noch knapp bei der Hälfte aller Tatverdächtigen (49,6 Prozent).

 

Kriminalitätsbelastung

 

Eine Kennziffer bei der Bewertung der Kriminalitätsbelastung einer Region und deren Bevölkerung ist die Häufigkeitszahl, also die Anzahl der Straftaten bezogen auf 100.000 Einwohner. In Sachsen-Anhalt wurden im Jahr 2015 durchschnittlich 78 rechtsmotivierte Straftaten und rund 10 linksmotivierte Straftaten bezogen auf 100.000 Einwohner registriert. Dabei ergibt die Auswertung nach Landkreisen und kreisfreien Städten ein differenziertes Bild.

 

Mit 122 Taten bezogen auf 100.000 Einwohner ist Halle der höchsten Belastung rechtsmotivierter Kriminalität ausgesetzt. An zweiter Stelle liegt der Burgenlandkreis mit 95 Taten. Im Bereich der linksmotivierten Kriminalität nimmt die Stadt Magdeburg mit 31 Delikten je 100.000 Einwohner den Spitzenwert ein, die Stadt Halle weist mit 15 Straftaten den zweithöchsten Wert in diesem Bereich aus.

 

Staatsschutzkriminalität ohne explizite politische Motivation

 

Im Bereich der Staatsschutzkriminalität ohne explizite politische Motivation (STOEPM) ist die Anzahl der Fälle im Jahr 2015 mit 44 erfassten Delikten (2014: 43 Delikte) nahezu gleich geblieben. Damit werden lediglich rund 2 Prozent aller politisch motivierten Straftaten diesem Bereich zugerechnet.

 

Politisch motivierte Ausländerkriminalität

 

Politisch motivierte Ausländerkriminalität beschreibt nicht die Gesamtheit der Straftaten, die durch nichtdeutsche Tatverdächtige begangen werden. Vielmehr muss die durch die nichtdeutsche Herkunft geprägte politisch motivierte Einstellung des Täters entscheidend für die Tatbegehung sein. Beispiele dafür sind Straftaten mit religiösem Hintergrund oder die Unterstützung von verbotenen ausländischen Organisationen. Mit insgesamt 15 Delikten (2014: 9) spielt die Zahl der politisch motivierten Ausländerkriminalität mit 0,7 Prozent am Gesamtaufkommen erneut eine nur untergeordnete Rolle.