Gemeindepsychiatrischer Verbund soll Menschen im Salzlandkreis künftig zielgerichtet und vor allem wohnortnah versorgen. Dazu haben sich viele Versorger bei einer Auftaktveranstaltung bekannt.
„Niemand soll verloren gehen – keiner kann‘s allein.“ Der Salzlandkreis will die Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen
verbessern – gemeinsam mit niedergelassenen Fachärzten, Kliniken, gemeinnützigen Vereinen, Reha-Einrichtungen und Selbsthilfegruppen. Dafür wollen alle Beteiligten einen sogenannten
gemeindepsychiatrischen Verbund (GPV) gründen, der eine innovative und nahtlose Versorgung der Menschen besser gewährleisten kann als einzelne Versorger bisher. Die feierliche
Auftaktveranstaltung dazu fand am Montagnachmittag im Salus-Klinikum in Bernburg statt.
Landrat Markus Bauer sagt, es sei Aufgabe des Sozialstaates, insbesondere die Menschen in den Blick zu nehmen, die Hilfe benötigen. „Jeder in der Gesellschaft ist wichtig – für die Familie, für das Unternehmen aber auch im Ehrenamt. Deshalb können wir es uns nicht leisten, jemanden zurückzulassen.“ Der Landrat zeigt sich zugleich überzeugt, dass ein solches Netzwerk im Sinne einer qualitativ hochwertigen Versorgung der Menschen vor Ort der richtige Weg ist, um vorhandene Ressourcen zu bündeln und Synergien zu nutzen. Denn: „Mit den meisten Partnern arbeiten wir seit Jahren in vielen Bereichen bereits sehr verlässlich zusammen. Und wir wissen: Große Herausforderungen kann man gemeinsam besser bewältigen.“
Nach dem Landesgesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen für Personen mit einer psychischen Erkrankung müssen alle Landkreise und kreisfreien Städte einen solchen Verbund gründen. Die Zusammenarbeit aller innerhalb dieses Verbundes soll gewährleisten, dass Menschen mit einer psychischen Erkrankung schneller als bisher die medizinische Hilfe erhalten, die sie benötigen – und zwar möglichst in der Region, in der sie leben. Ambulante und lebensweltorientierte Angebote sollen entsprechend den Schwerpunkt der künftigen Versorgung bilden, insbesondere für Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen, die komplexe Hilfsangebote benötigen.
Um dieses Ziel mittelfristig zu erreichen, wird spätestens Anfang nächsten Jahres eine Kooperationsvereinbarung mit allen abgeschlossen, die sich in diesem Bereich engagieren wollen. Diese Vereinbarung wird in den nächsten Monaten von einer Arbeitsgruppe unter der Leitung von der Psychiatriekoordinatorin des Salzlandkreises, Michaela Lange, erarbeitet. Sie zeigte sich bei der Auftaktveranstaltung in Bernburg dazu optimistisch: „Bei einer ersten Befragung haben fast zwei Drittel aller Teilnehmer erklärt, sie wünschten sich eine strukturierte Zusammenarbeit mit anderen Leistungserbringern.“ Sie betonte, der Verbund soll die Zusammenarbeit fördern, nicht jedoch selbst eine Leistung einbringen. Vielmehr rechne jeder weiterhin seine Leistungen über die jeweils zuständigen Kostenträger ab.
Als Experte steht dem Salzlandkreis im Rahmen der Gründung Dr. Klaus Obert zur Seite. Er ist Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Soziale Psychiatrie und der Bundesarbeitsgemeinschaft Gemeindepsychiatrische Verbünde sowie langjähriger Bereichsleiter Sucht- und Sozialpsychiatrische Hilfen beim Caritasverband. Er erklärte bei der Auftaktveranstaltung, dass der Ansatz in anderen Regionen Deutschlands sich bewährt habe.
Bei der Befragung wurde ebenfalls deutlich: die vorhandenen Kapazitäten zur Behandlung von psychisch Erkrankten im Salzlandkreis decken derzeit den Bedarf nicht. Es fehlt vor allem an Fachpersonal. Dabei wird dieser gerade in Sachsen-Anhalt allein auf Grund des steigenden Altersdurchschnitts der Bevölkerung immer größer. „Mittlerweile erkrankt fast jeder dritte Mensch im Laufe seines Lebens an einer behandlungsbedürftigen psychischen Erkrankung“, erklärte Michaela Lange bei der Auftaktveranstaltung. Im Vergleich zum Bundesdurchschnitt gab es in Sachsen-Anhalt ihren Angaben nach im vergangenen Jahr neun Prozent mehr Fehltage aufgrund psychischer Erkrankungen.