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Gas- und Strompreisbremsen senken Preise ab April in Bernburg

Am 1. April wird der Abschlag für März eingezogen, dann werden die Preisbremsen für  Gas und Strom zum ersten Mal wirksam, auch Januar und Februar werden dann berücksichtigt.


Am 1. April wird der Abschlag für März eingezogen, dann werden die Preisbremsen für  Gas und Strom zum ersten Mal wirksam, auch Januar und Februar werden dann berücksichtigt. Die Geschäftsführerin der Stadtwerke Bernburg, Frau Mathis hat sich unseren Fragen gestellt und erklärt, warum Verbraucher mehr bezahlen müssen, wie der Strompreis für Endkunden entsteht, ob es  Begrenzungen bei der Beschaffung gab, welche Risiken der Einkauf bei kleinen Händlern birgt, wie viel Gas und Strom die Stadtwerke überhaupt einkaufen müssen, ob die Beschaffung ausschlaggebend für die Preisunterschiede gegenüber vor einem Jahr ist, ob die Veränderungen auch Auswirkungen auf die Bernburger Freizeit haben, ob es Widersprüche gab und was die Mitarbeiter im Kundencenter leisten müssen und wie im April die Deckelung rückwirkend zum Januar greift!  

 

Stromkunden zahlen heute deutlich mehr als noch 2021. Denn Stromanbieter haben die Endkundenpreise immer wieder erhöht. So zahlten Haushalte 2021 im Schnitt 31,9 Cent pro Kilowattstunde Strom, im Januar 2022 waren es bereits 34,6 Cent pro Kilowattstunde, im April schon 0,37 Cent pro Kilowattstunde. Die Preise für die Erzeugung von Strom ist nach sprunghaften Anstieg hingegen wieder auf Vorjahresniveau gefallen. Im Dezember 2021 kostete eine Megawattstunde 221 Euro, im Dezember 2022, also ein Jahr später 251,62 Euro. (Quelle ist Statista).

Statistik: Börsenstrompreis am EPEX-Spotmarkt für Deutschland/Luxemburg von Dezember 2021 bis Dezember 2022 (in Euro pro Megawattstunde) | Statista
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Warum müssen Verbraucher eigentlich deutlich mehr bezahlen? Wie also wie entsteht der Strompreis für den Endkunden?

 

Ich habe ein solches Jahr noch nicht gesehen und ich bin schon 20 Jahre in der Energiewirtschaft unterwegs, sagt Frau Mathis, Geschäftsführerin der Stadtwerke Bernburg. Es ist wirklich ein einfaches, absolutes Ausnahmejahr. Und warum die Strompreise und die Gaspreise so gestiegen sind, das ist die grundsätzliche Ursache des Krieges in der Ukraine und alles was sich daraus ableitet, bestimmte Gesetzgebungsverfahren, das Füllen der Gasspeicher zu extrem hohen Preisen usw..

 

Wir kaufen am OTC Markt ein, da haben wir die extrem hohen Preise gesehen und das hat am Ende die Auswirkung. Wir erzeugen ja einen Teil Strom für die Privatkunden hier selbst vor Ort. Aber wir müssen Gas für die Kraftwerke einkaufen und das letztendlich auch ziemlich teuer. Und das ist die Ursache dafür.

 

Wenn wir über einen Preis von 200 Euro sprechen, entspricht das dem vierfachen Preis von der Zeit vor dem Krieg. Mitte 2021 lagen die Preise bei 50 Euro pro Megawattstunde. Mitte letzten Jahres hatten wir Preise von weit über 800 Euro und wir hatten in sehr vielen Monaten Preise oberhalb von 600 Euro. Im Dezember 2022 ist es Gott sei Dank wieder zurückgegangen, liegen jetzt also unter 200 Euro im Terminmarkt. Aber man weiß halt vorher nicht, was der Preis im nachhinein macht. Man muss irgendwann Entscheidungen treffen und man muss relativ zeitig Entscheidungen treffen für das Folgejahr, damit man die die Preise kalkulieren kann.

 

Dann kommt dazu, dass die Angebotssituation ganz schlecht war. Also wir konnten kaum noch Gas und kaum noch Strom kaufen. Das hat sich jetzt etwas verbessert und das ist natürlich auch da muss man seine Entscheidungen ausrichten. Also wenn ich zehn Anfragen stelle und erhalte ein Angebot, dann werde ich natürlich nicht bis zum Schluss warten und sagen, den Rest kaufe ich im Dezember. Erstens weiß ich nicht, wie dann die Preise sind und zweitens ist die Gefahr hoch, dass ich gar kein Gas bekomme.

 

Gab es Begrenzungen bei der Beschaffung?

 

Ja, und das gab es im übrigen noch nie. Das benötigte Volumen ging nach oben und wir haben dann erfahren, dass es Begrenzungen gibt, an die wir stoßen. Und diese Limitierung sind erst zum Tragen gekommen durch diese extrem hohen Preise. Die spielten vorher keine Rolle und die haben dazu geführt, dass am Ende Händler gesagt haben, ihr kriegt gar nichts mehr. Der Fokus liegt natürlich bei unseren großen Händlern, einfach der Situation geschuldet, dass wir auch Angst hatten, dass ein Händler ausfällt. Uniper ist für mich unkaputtbar und das hat sich bewahrheitet. Diese Strategie war wohl richtig.

 

Das heißt vom kleinen Händler kaufe ich möglicherweise günstiger, aber wenn er ausfällt, dann habe ich ein Problem?

 

Ja, vielleicht ist ein Händler günstiger und der hat noch ein Angebot, aber dort will ich nicht kaufen, weil bei denen das Insolvenzrisiko relativ hoch ist. Wobei im vergangenen Jahr war das gar kein Händler mehr geboten hat. Also da waren die Großen noch die, die ab und zu ein  Angebot gemacht haben. Die Kleinen Anbieter haben sich hingegen komplett zurückgezogen.

 

Gibt es da Zahlen, wie viel eine Stadtwerke Bernburg überhaupt einkaufen müssen?

 

Für alle Kunden im Versorgungsgebiet der Stadtwerke Bernburg müssen im Durchschnitt rund 320 Millionen Kilowattstunden Gas eingekauft werden, das schwankt natürlich, je nachdem, welcher Kunde mit uns abschließt. Und Strom wird es auch teilweise mit eingekauft, wir haben in diesem Portfolio ungefähr 100 Millionen Kilowattstunden und die Hälfte davon erzeugen wir selbst. Heißt 50 Millionen Kilowattstunden Strom erzeugen wir selbst, Heißt 50 Millionen Kilowattstunden kaufen wir ein. In dem in den 320 Millionen Kilowattstunden Gas ist ein nicht unerheblicher Teil für die Produktion von Strom.

 

Die Beschaffung ist letzten Endes auch ausschlaggebend für die Preisunterschiede gegenüber vor einem Jahr?

 

Ja, richtig. Also man sieht an den Preisen die Beschaffungsstrategie, die kann man daran ablesen. Konservativ beschafft, richtet man sich in einem definierten Zeitraum auf den Preis ein, der Standart ist, sich mit drei Jahren Vorlauf einzudecken, einfach, um so empirische statistische Risiken rauszunehmen. Man könnte ja immer mal einen Ausreißer nach oben haben, auch nach unten. Also man vergibt sich natürlich auch Chancen, Das ist einfach auch so, das muss man wissen, aber man nimmt keine Extremrisiken mit.

 

Haben die Veränderungen Auswirkungen auf die Bernburger Freizeit?

 

Wir haben Marktchancen genutzt, und das hat lange, lange, lange Jahre. Extrem viel Geld in die Kassen hier in Bernburg gespült. Da ist die Bernburger Freizeit gut ausgestattet worden usw., und dann haben sich Rahmenbedingungen eklatant verändert. Das hat einfach nicht mehr zur Strategie gepasst. Und eine solche Strategie kann man nicht von heute auf morgen ändern.

Logischerweise würde das auch bedeuten, dass die Unterstützung der Stadtwerke in Einrichtungen der Freizeit GmbH darunter leidet oder dass es dort künftig Veränderungen gibt. Aber grundsätzlich führen die Veränderung bei den Stadtwerken zu einer anderen finanziellen Basis bei der Bernburger Freizeit. 

 

Warum sind die Stadtwerke jetzt aber laut Verivox so teuer? Liegt dies an der Beschaffung?

 

Im Vergleich eines Vier-Personen Haushaltes mit 4.250 Kilowatt Strom sind in der Grundversorgung der Stadtwerke Bernburg im Monat 276 Euro zu zahlen. Bei Elektrizität Berlin, GoldGas oder Vattenfall liegen wir irgendwo im Schnitt bei 135 Euro.

 

Wenn Sie heute neuen Vertrag abschließen, dann kauft der Lieferant heute ein, das heißt, er kalkuliert seine Preise auf Basis der heutigen Preise. Heute ist der Preis bei unter 200 Euro pro Megawattstunde. Wir haben eingekauft im September und Oktober, da hatten wir Strompreise von über 600 Euro pro Kilowattstunde.

 

Wir müssen halt jetzt schauen, dass wir den Kunden auch Preise anbieten in Zukunft, die wieder konkurrenzfähig sind, die diese ganzen Verwerfungen außen vor lassen. Und da wir gut dann diskutieren und hoffen, dass wir da den Kunden im ersten Halbjahr noch Angebote machen können, um dem Preisdruck ein bisschen wegzunehmen.

 

Sie haben ja Gewerbekunden gekündigt. Sind denn viele Gewerbekunden jetzt von Stadtwerken weg gegangen?

 

Also der Verlust durch die Kündigung ist fast null. Wir haben einen großen Kunden verloren. Wir haben einen sehr großen Kunden dazu gewonnen. Also das hält sich die Waage. Genau deswegen muss man mit den Mengen auch immer vorsichtig sein, weil die natürlich immer schwanken, je nach Kunden.

 

Wir hoffen jetzt, die Talsohle zu durchschreiten und dass es dann ab 2024 auch wieder besser wird. Wenn der Rahmen jetzt so bleibt, wie er ist, die Preise weiterhin auf dem Niveau bleiben, wie sie jetzt sind oder sich weiter nach unten entwickeln, dann können wir uns das auch gut vorstellen. Wenn es wieder nach oben geht, haben wir wieder eine ganz andere Liga. Das muss man auch sagen, Das gehört zur Wahrheit dazu.

 

Gab es Widersprüche?

 

Also tatsächlich, es gibt Widersprüche, aber Gott sei Dank im untergeordneten Bereich. Und wir konnten die auch entkräften, zum größten Teil. Und wir hatten dann nicht den Ansturm. Deutlich weniger als wir erwartet haben, weil wir natürlich die Situation der Kunden kennen und ihn und nachvollziehen können. Also für die Kunden eine riesen Herausforderung und das wissen wir. Aber dafür hat sich die Zahl der Widersprüche doch deutlich in Grenzen gehalten.

 

Ist das nicht Wahnsinn, das ein vier Personen Haushalt 250 Euro Abschlag nur für Strom zahlen soll?

 

Genau deswegen sind auch die Energiepreisbremsen richtig und wichtig und die werden zu einer deutlichen Entlastung führen. Und wir sind froh, dass wir jetzt auch die Botschaft da deutlich nach außen tragen können, dass es eine Aktualisierung der Abschlagspläne gibt. Und es wird ja eine sofortige deutliche Entlastung bringen, ab April. Und darum geht es ja auch, die Bürgerinnen und Bürger zu entlasten. Aber uns, ja, wir haben das nicht zu verantworten, dass die Preise da so hochgegangen sind, dass wir ein mit dem Marktzugang hatten usw. Da haben wir als da ganz ehrlich, das war das ein kleineres Rädchen im System.

Wird im März die Deckelung rückwirkend zum Januar gezahlt?

 

Ab April sind ja Energiepreisbremse berücksichtigt. Wir waren nicht in der Lage, das in unseren IT Systemen abzubilden. Das heißt, wir mussten warten und warten immer noch darauf, dass der IT Dienstleister das umsetzen kann und dann wird es auch den Kundinnen und Kunden zugute kommen.

 

Die Energiepreise bremsen gelten in 2023 für Gas, Wärme und Strom. Die Dezember Soforthilfe war nur Wärme und Gas, nicht Strom. Und das ist wirklich eine Hürde für uns hier intern. Das merkt nach außen hin keiner. Und das liegt daran, dass im Dezember Gas und Wärme schon Unterstützung bekommen haben. Also der Abschlag ist weggefallen am Ende, den wir haben die nicht eingezogen und wer den hätte zahlen müssen, hätte ihnen nicht zahlen müssen.

 

Und wir haben das im Rahmen der Jahresabrechnung dann entsprechend berücksichtigt die eine oder andere Variante. Jetzt sprechen wir über die Energiepreise bremsen, und da sprechen wir immer über den Deckel. So, das haben wir hier drin. Also das heißt, das können Sie nachlesen, das sind einfach einmal 0,40 Euro pro kWh für Strom, 0,12 Euro pro kWh für Gas und 0,95 Euro pro kWh für Fernwärme.

 

Ab März wird die Strompreisbremse wirken. Wir werden die Abschläge nach unten anpassen und werden die ich sage es ich nenne es jetzt mal so zu viel gezahlten Abschläge im Januar und Februar mit berücksichtigen. So ist der Stand jetzt genau auf.

 

Wenn am 1. April wird der Abschaffung März eingezogen und da wird es das erste Mal wirksam. Januar und Februar werden berücksichtigt werden. Wir müssen ein Gesetz umsetzen, was am 23.12. verabschiedet wurde, was extrem komplex ist.

 

Was mussten Ihre Mitarbeiter im Kundencenter leisten? 

 

Wir sind hier, wir sind nett und freundlich und das ist für die Damen sind ja Damen auch den einen oder anderen Herrn dabei und das ist eine enorme Belastung und das darf man nicht unterschätzen. Und die sind immer noch nett und freundlich, weil wir das ja auch besprechen, weil wir unterstützen auch und weil sie natürlich auch den Rückhalt hätten, Wenn sie es an sich anders darstellen würde, müssen wir natürlich auch Maßnahmen ergreifen. Das mussten wir bisher nicht, aber die baden es aus und ich glaube, dass die da einen guten Job machen.

 

Und in den schlimmsten Zeiten sind reichlich Tränen geflossen, vor allen Dingen bei Kunden und sicherlich. Auch bei Mitarbeitern. Und aufgrund der Situation muss man ja nicht, das weiß ich ja nicht klar schildern.

 

Vielen Dank für das Interview!

 


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Kommentare: 1
  • #1

    B.B. (Samstag, 04 Februar 2023 14:25)

    Ich finde die Mitarbeiter der Stadtwerke machen eine gute Arbeit, sind immer freundlich und haben für jedes Problem eine Anntwort. Ich hoffe die jetzige Situation wird sich wieder ändern.