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Akuter Lehrermangel in der Goetheschule, Eltern protestieren

"Wir finden einfach das nötige Personal nicht. Wir versuchen, über Quereinsteiger eine bessere Unterrichtsversorgungs zu erzielen. Das kann aber aus meiner Sicht auch dauerhaft alles nicht das Allheilmittel sein.", sagt Stefan Ruland (CDU), Mitglied des Landtags und zuständig für den Wahlkreis 21 - Bernburg.

In der Goethe Schule siind zum Schuljahresbeginn gleich drei Lehrerinnen vorübergend ausgefallen. Jetzt stehen die vierten Klassen dort ohne Klassenlehrer da. Um nicht zu viel Unterrichtsstoff zu verpassen, unterrichtet die Direktorin selbst. Seit Montag werden Lehrer aus anderen Schulen abgezogen, die teilweise dort unterrichten sollen, aber die fehlen dann auch wieder woanders. Auch sozioalpädagogische Mitarbeiter sollen einspringen.

 

Wir haben mit Stefan Ruland (CDU), Mitglied des Landtags und zuständig für den Wahlkreis 21 - Bernburg gesprochen, welche dauerhaften Lösungen für die Unterrichtsversorgung in der Goethe Schule möglich sind, nachdem der Grundschule mit Beginn des neuen Schuljahres mehrere Lehrer fehlen.

 

Wie schätzen Sie die Entwicklung des Lehrerbedarfes ein?

 

Hier müssen wir differenzieren, was die Goethe Schule angeht und dem allgemeinen Lehrerbedarf, den wir haben, den wir nicht gedeckt bekommen. Was tatsächlich ein Problem ist, das in der Vergangenheit geschaffen wurde aufgrund einer Fehleinschätzung, was die erwarteten Schülerzahlen angeht.

 

Ende der 90er Jahre waren wir ja der Meinung, wir schrumpfen hier als Land signifikant. Die damalige Landesregierung hat dann auch tatsächlich Stellen abgebaut. Wir kennen das alle von der Polizei und bei Lehrern. Das rächt sich jetzt, da die Schülerzahlen halt nicht so stark gefallen sind, wie man dachte. Aber in der Goethe Schule ist das etwas spezifischer, denn hier waren ja bis Ende des vergangenen Schuljahr fast alle Lehrerstellen besetzt.

 

Also nach meinem Kenntnisstand ist tatsächlich nur eine Stelle frei, weil eine Lehrerin oder Lehrer, das kann ich gar nicht genau sagen den öffentlichen Schuldienst zu einer Privatschule verlassen hat. Warum wechselt jemand aus dem öffentlichen Schuldienst in die Privatschule? Das kann man hinterfragen. Da muss man auch Lösungen finden.

 

Wir müssen als Land und Arbeitgeber attraktiver sein als die Privatschulen, weil um diese Ressource des Lehrers kämpfen ja die privaten Schulen und die öffentlichen. Das heißt, der attraktivere Arbeitgeber ist immer der, der gewählt wird. Und meine Erfahrung ist, dass es nicht immer nur ums Geld geht. Es hat vielschichtige Gründe, was die Zufriedenheit eines Arbeitnehmers angeht.

 

Abordnungen von Lehrern führen zu weitern Problemen

 

Ich finde es ein bisschen ungerecht, von einen Missstand zu sprechen, das kann ja überall passieren. Was schnell gemacht werden muss, ist abzufedern über dieses Verfahren der Abordnungen. Das führt aber zu Problemen in den Schulen, wo die Lehrerinnen und Lehrer, die zugunsten der Goethe Schule abgeordnet werden, dann fehlen. Da muss man halt eine Balance finden.

 

Meines Wissens hat das Abordnungsthema am Montag begonnen. Also es sind wohl aus Grundschulen in Aschersleben sieben Lehrer abgeordnet worden, also nicht ganztags, sondern spezifisch, um den Bedarf in Bernburg zu decken. Ich mache der Schulleiterin da ganz großes Kompliment, denn Sie hat entschieden, den Schülern einen Weg zu ebnen, hier als Klassenlehrer zur Verfügung zu stehen.

 

Was nicht heißt, dass man diese Vorbereitung auf die fortführenden Schulen der vierten Klasse unterschätzen darf. Und ich habe am vergangenen Freitag mit Elternvertretern ja hier bei mir im Büro gesessen. Die kannten die Lösung, die ab heute tragen soll, auch schon. Und natürlich bleibt ein Rest Unzufriedenheit. Nämlich die, dass die Kinder eine gewisse Kontinuität brauchen.

 

Andererseits spätestens an den weiterführenden Schulen ist auch mit Kontinuität Schluss, das heißt nicht, dass man jetzt ein Viertklässler nach den Ferien quasi mit der Realität kollidieren lassen muss. Aber machen wir uns nichts vor, das mit der Beständigkeit endet höchstwahrscheinlich ohnehin spätestens ab der fünften Klasse.

 

Was machen wir in der Landespolitik?

 

Wir haben ausreichend Lehrerstellen im Landeshaushalt verankert. Wir finden einfach das nötige Personal nicht. Wir versuchen, über Quereinsteiger hier bessere Unterrichtsversorgungsquoten zu erzielen. Das kann aber aus meiner Sicht auch dauerhaft alles nicht das Allheilmittel sein. Denn der Lehrerberuf ist ja deswegen ein Studiengang, um die Lehrbefähigung zu erreichen, weil da die Grundsteine für all das gelegt werden, was man im Leben später mal erreichen will. Also in der Grundschule fing es an mit Lesen und Schreiben rechnen und da war der Weg geebnet für die weiterführende Schule.

 

Da ist es mir persönlich schon wichtiger, dass wir da ausgebildete Lehrkräfte haben. Was nicht heißt, dass man auch hervorragende Lehrkräfte entwickeln kann aus dem Seiteneinstieg heraus. Aus meiner Sicht muss man nur gucken, dass das eine gewisse Balance behält. Dann ist natürlich die Landesregierung gefragt, hier das Wissenschaftsministerium, den die Lehrerausbildung zu verbessern.

 

Die Koalition hat sich entschlossen, ein duales Lehramtsstudium anzubieten. Das heißt, man steht nicht erst nach Abschluss seines Studiums im Referendariat erst mal vor der Klasse, sondern von Anfang an, um auch zu merken, ist das was für mich, weil wir aktuell eine Abbrecherquote von 53 %, also wenn wir 100 Studenten und Studentinnen losschicken, da kommen nur 47 am Ende im Lehrerberuf an! Auch das wird vielschichtige Gründe haben.

 

Sicherlich auch teilweise, was den Schwierigkeitsgrad angeht beim Studium. Aber manche merken dann halt auch das ist dann doch nichts. Ist jeden Tag fremde Kinder mit Wissen zu versorgen. Und das kann man natürlich über einen dualen Ausbildungsgang vielleicht eher merken. Und da haben wir ein Projekt mit der Otto von Guericke Universität als Koalition im Frühjahr beschlossen.

 

Das sollte in der Sekundarschule losgehen. Da sind wir ganz guter Hoffnung, dass das Ministerium für Wissenschaft, Klima und Umweltschutz. Denn mittelfristig startet. Und dann könnte man sicherlich sehen, dass das funktioniert. Dort hat man dann unter Umständen auch sofort Erfolge bei der Verbesserung der Unterrichtsversorgung.

 

Wir brauchen auch eine hohe Qualität bei der Unterrichtsversorgung

 

Und deswegen bin ich immer als Finanzpolitiker ein bisschen angestochen, wenn dann als Allheilmittel das Einstellen von pädagogischen Mitarbeitern gesehen wird. Natürlich werden die gebraucht im Schulalltag, aber sie können keine Lehrer ersetzen. Das sollte man. Weil diese Annahme das ist aus meiner Sicht einfach eine Fehlannahme. Und auch wenn es zum Beispiel in der Schule gut gelöst ist und die Schulleiterin den die Unterrichtsstunde vorbereitet, die dann die pädagogische Mitarbeiterin da absolviert, ist aber natürlich auch eine extreme Zusatzbelastung für die oder derjenigen, der das noch parallel zu seiner eigentlichen Arbeit einer Schulleitung und auch der eigenen Unterrichtsversorgung sicherstellt.

 

Das Problem in der Goethe Schule an die größtmögliche Glocke zu hängen und das als massiven Missstand zu empfinden, würde mir auch so gehen. Ich sage immer jedem: Wenn du jemanden kennst, der Quereinsteiger werden will oder der vielleicht schon mal an dieser Barriere, der des Landesschulamts abgeprallt ist, einfach meine Telefonnummer weitergeben. Ich versuche dann meine Möglichkeiten, meine Kanäle übers Ministerium, weil wir haben teilweise auch erschreckenden Umgang mit Bewerbern seitens dieser Behörden.

 

Die haben noch nicht verstanden, dass sie ein Dienstleister fürs Land sind, das ist manchmal mein Gefühl. Da werden Bewerber abgelehnt, teilweise aus hoch bürokratischen Prozessen heraus. Und da versuche ich dann zu intervenieren, zu sagen: Ich habe hier den oder denjenigen. Guckt euch das noch mal an, Was waren denn dann die Ablehnungsgründe? Ist das wirklich so? Können wir uns das leisten? Bei unserer großen Bedarf an befähigten Leute abzulehnen, die das wirklich machen möchten? Und da kann man mich schon ja als Spitze der Bewegung sehen.

 

Könnten wir nicht schon mal eine Vertretung einplanen, weil wir wussten, da sind zwei Schwangere und wir gucken mal schon, wen man einstellen kann. Wir haben in Größenordnungen Schulbudgets zur Verfügung gestellt, um eben solche Vertretungskräfte einzustellen. Aber man kann so viel Geld haben, wie man will, wenn es keinen Menschen gibt, den man dafür einstellen kann. Denn wenn einfach die Human Ressource fehlt, kannst du auch als Politiker gar nichts tun.

 

Also konkret ab heute sieben Aushilfslehrer, sozusagen Abordnung von Aschersleben und sozialpädagogische Mitarbeiter. In der Grundschule gibt es eine pädagogische Mitarbeiterin, es ist ungerecht, sie auf einmal zur Lehrkraft zu machen, denn sie wird dann im Zweifel nicht annähernd bezahlt wie eine Lehrerin, soll aber eine Lehrerin ersetzen.

 

Wir dürfen das Personal nicht zerreiben und sagen, jetzt mache ich mal Unterricht. Es ist halt pädagogische Mitarbeit und die hat irgendeine Berufsbiographie, auch pädagogischen Anteil, sonst wäre das keine pädagogische Mitarbeiterin. Aber am Ende ist es keine Lehrerin. Ganz oft wird reflektiert, dass es auch am Arbeitsvolumen, am Arbeitsaufkommen, an Dokumentationspflichten liegt, was die Unzufriedenheit der Lehrkräfte macht.

 

Das ist nicht immer nur, wie oft gesagt wird, zwischen Daumen und Zeigefinger liegt. Jetzt gibt es ja gerade wieder Fördermittel. Die Stadt Bernburg hat auch gerade auf dem Radar, die Fördermittel mitzunehmen für Videokonferenzen, Systeme, um resistenter für zukünftige Pandemien zu werden, um um E Learning und so etwas zu verbessern.

 

Wir haben die pädagogischen Mitarbeiter Schulverwaltungsassistenten, weil die Lehrkräfte daraufhin, dass sie das machen, wofür sie eigentlich da sind, vom Schulhaus bestehen. Unterricht zu vermitteln, das kann Politik machen, aber am Ende brauchst du auch für jeden Euro, den er ausgeben will, am Ende auch den, der den kriegen soll.

 

Und da ist das größte Problem. Das ist kein exklusives Problem von Sachsen-Anhalt, weil wir alle um Lehrkräfte kämpfen. Jeder möchte Lehrer ohne Ende und kaum einer möchte diesen Beruf noch ergreifen. Ich kann das teilweise nachvollziehen, als ich noch zur Schule gegangen bin war noch mehr Respekt der Schüler vor den Lehrern.

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