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Engere Zusammenarbeit mit der Kassenärztlichen Vereinigung

Welches Ergebnis die Beratung beim Landrat zur Versorgung mit Kinderärzten im Salzlandkreis gebracht hat.


Der Salzlandkreis will die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen-Anhalt (KVSA) künftig bei der Suche nach neuen Ärzten für die Region unterstützen. Das ist das Ergebnis einer Beratung mit der KVSA, zu der Landrat Markus Bauer vor einigen Tagen eingeladen hatte. Anlass waren Aussagen der KVSA in Medien, wonach es im Salzlandkreis rechnerisch keine Unterversorgung im kinderärztlichen Bereich gibt. „Das ist eine Einschätzung, die statistisch gesehen stimmen mag. Sie spiegelt aber nicht das Bedürfnis der Bevölkerung wider“, hatte der Landrat bereits Mitte Oktober und nun noch einmal zu Beginn der Beratung erklärt. An der Beratung nahmen mit Gerald Bieling (CDU), Holger Dittrich (FDP), Dr. Roger Stöcker (SPD), Sabine Dirlich (Linke) und Nils Reichenbach (AfD) auch Vertreter der Kreistagsfraktionen und zwei niedergelassene Kinderärztinnen teil.

 

KVSA-Vorsitzender Dr. Jörg Böhme sagte beim Landrat, der Bedarfsplanungsbereich im Salzlandkreis sei so groß, dass es trotz statistischer Vollversorgung zu regionaler Unterversorgung kommen könne. Die KVSA ist für die Sicherstellung der ambulanten medizinischen Versorgung im Land zuständig. Grundlage ist die sogenannte Bedarfsplanungsrichtlinie. Diese bestimmt, in welchen Regionen sich wie viele Ärzte einer Arztgruppe niederlassen dürfen. Die Kriterien sind bundeseinheitlich und sollen eine relativ gleichmäßige Verteilung der Ärzte nicht nur in Sachsen-Anhalt sicherstellen. Die notwendigen Beschlüsse werden im Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen gefasst. Das Problem ist nach Angaben von Dr. Jörg Böhme jedoch, dass es schlicht viel zu wenig Medizinstudenten gibt. „Die Situation, die wir jetzt bei den niedergelassenen Kinderärzten sehen, ist leider nur die Spitze des Eisbergs.“ Man suche deshalb bereits europaweit nach geeigneten Ärzten.

 

Der Landrat sagte, man könne aufgrund der Zuständigkeit zwar nicht die grundsätzlichen Rahmenbedingungen ändern. „Gemeinsam mit den Städten und Gemeinden sowie der KVSA können wir aber dazu beitragen, dass sich aktuelle und künftige Medizinstudenten aus dem Salzlandkreis nach ihrem erfolgreichen Studium ein Engagement in ihrer Heimat eher vorstellen können als es bislang vielleicht der Fall ist.“ Denkbar wäre ein Stipendium für die Studenten sowie die Unterstützung bei der Suche nach geeignetem Wohnraum, Kindertagesstätten bzw. Schulen. Kreistagsmitglied Holger Dittrich (FDP) erklärte, die Städte und Gemeinden im Salzlandkreis seien mit Sicherheit bereit, interessierten Medizinern den roten Teppich auszurollen. Allerdings müsse die KVSA die Voraussetzung für eine engere Zusammenarbeit mit den Kommunen schaffen.

 

Markus Bauer sagte, man werde nach Möglichkeiten suchen, wie der Salzlandkreis datenschutzkonform die benötigten Informationen zur Verfügung stellen könne. Diese würden nach Ansicht von KVSA-Vorsitzenden Dr. Jörg Böhme bei der Suche nach neuen niedergelassenen Ärzten für den Salzlandkreis weiterhelfen. „Mit den Informationen können wir Studenten gezielt auf eine Rückkehr in die Heimat ansprechen.“ Amtsärztin Heike Leonhardt begrüßte die Bereitschaft, Studenten auf dem Weg zu einer eigenen Praxis im Salzlandkreis stärker zu unterstützen.

 

Markus Bauer betonte erneut, dass der Salzlandkreis als attraktiver Wohn-, Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort gerade mit Blick auf kommende Unternehmensansiedlungen eine wohnortnahe Versorgung im haus-, kinderärztlichen und fachärztlichen Bereich benötige. Insbesondere die kinderärztliche Versorgung in den Bereichen Bernburg und Aschersleben sei aktuell nicht ausreichend, Familien müssten deshalb teilweise etliche Kilometer zum nächsten Arzt fahren. „Das ist für Familien mit kranken Kindern nicht zumutbar.“

 

Die letzte verbliebene Kinderärztin aus Bernburg, Dr. Heike Hüfner, berichtete in der Beratung beim Landrat, dass sie in ihrer Praxis längst die Kapazitätsgrenze erreicht habe. „Viele von denen, die ich wegschicken muss, bringt mir letztlich der Rettungsdienst wieder in die Praxis. Ich möchte allen helfen, die medizinische Hilfe benötigen. Doch ich bin längst am Limit.“ Die Situation sei weder für die Familien mit kranken Kindern, noch für sie als Ärztin auf Dauer tragbar. Ihre Kollegin aus Könnern, Dr. Christine Fuchs, sprach sich unterdessen dafür aus, bestehende Hürden für bereits niedergelassene und angehende Kinderärzte zu senken sowie die Vergütung anzupassen. Sie erklärte darüber hinaus, dass bürokratische Vorgaben reduziert werden müssten, um mehr Bewerber für eine eigene Praxis zu begeistern.

 

Dr. Jörg Böhme sprach sich in der Beratung neben einer generellen Erhöhung der Studienplätze für Medizin auch dafür aus, die Landarztquote deutlich zu erhöhen. „Es gibt in Sachsen-Anhalt viel mehr Interessenten als Medizinstudienplätze über die Quote. In diesem Jahr waren es 112 Bewerbungen auf 25 Plätze.“ Dieses Potenzial müsse man nutzen. Die Landarztquote war nach Angaben der KVSA zwar von 5 auf 6,3 Prozent erhöht worden. Doch das reiche laut Dr. Jörg Böhme nicht aus. „Aus unserer Sicht ist eine Anpassung dringend notwendig: Die Quote muss von der Höhe her flexibler sein und auch andere Arztgruppen bedenken. Wir sollten jungen Menschen, die hier Medizin studieren und danach hier ambulant tätig werden wollen, dies auch ermöglichen. Das kann ein Baustein sein, um die angespannte Lage der ambulanten haus-, kinder- und fachärztlichen Versorgung langfristig etwas zu verbessern.“

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