Aeikens: Dürfen Hausbesitzer nicht zusätzlich belasten

Landwirtschafts- und Umweltminister Dr. Hermann Onko Aeikens sieht eine Ausweitung des Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) auf den Gebäude-Altbestand kritisch. „Wir dürfen die Kosten für die Hausbesitzer nicht ignorieren“, sagte Aeikens am Dienstag bei der Vorstellung einer Studie, die die Auswirkungen des EEWärmeG auf den Bestand untersuchte. Aeikens weiter: „Für die Sanierung von Altbeständen zeigt die Studie, dass eine Pflicht zur Nutzung erneuerbarer Energien den Hausbesitzern höhere Kosten verursacht als der Einsatz traditioneller Heizsysteme. 

Haushalte mit einem Einkommen von unter 1.500 Euro – und davon gibt es viele in Sachsen-Anhalt - könnten sich die Anlagen laut EEWärme-Gesetz nur leisten, wenn sie ihren Konsum einschränkten. Das halte ich für unzumutbar.“ Das seit 2009 geltende EEWärmeG verpflichtet Bauherren, zur Wärmeversorgung ihrer neu zu errichtenden Gebäude, erneuerbare Quellen wie Solarthermieanlagen, Wärmepumpen, Biomassekessel und andere einzusetzen oder - als Ersatz für solche anlagentechnischen Lösungen - beispielsweise eine über die Anforderungen der Energie-Einsparverordnung (EnEV) hinausgehende zusätzliche Dämmung vorzusehen.

 

Das EEWärmeG ermöglicht es aber auch den Ländern, eigene Landesgesetze mit entsprechenden Anforderungen für den Gebäudebestand zu erlassen. Hiervon hat gegenwärtig nur Baden-Württemberg Gebrauch gemacht. Fast 40 Prozent des Endenergieverbrauchs wird für die Beheizung von Wohnungen und Gebäuden aufgewendet. Die Energiewende muss deshalb auch im Wärmebereich stärker vorangebracht werden. Während in SachsenAnhalt die Mehrfamilienhäuser schon umfangreich saniert wurden, gibt es einen Nachholbedarf bei der energetischen Sanierung der älteren Einfamilienhäuser.

 

In sehr vielen Haushalten des Landes sind zu Beginn der 90-er Jahre neue Heizungen eingebaut worden; diese erreichen jetzt ihre Nutzungsdauergrenze und müssen ersetzt werden. Es zeigt sich, dass sowohl die Kosten dieser Maßnahmen als auch ihr Beitrag zur Treibhausgasminderung sehr unterschiedlich sind.

 

Das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt hat im Rahmen der Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2020 das Leipziger Institut für Energie mit einer Untersuchung der Auswirkungen einer möglichen Übertragung der Verpflichtungen aus dem Erneuerbare-Energien-Wärme-Gesetz (EEWärmeG) auf den Bestand der Gebäude Sachsen-Anhalts beauftragt. Sie soll die sachliche Grundlage für künftige Entscheidungen des Landes zum EEWärmeG bieten.

 

Der Auftragnehmer hat die zwei Szenarien - „normaler Heizungsaustausch“ und „Ersatz durch erneuerbare Wärmetechnik“ - miteinander verglichen. Hierzu war es erforderlich, den Gebäudebestand, die Sanierungszustände und den Wärmebedarf zu modellieren. Im Ergebnis besonders wertvoll sind die Aussagen über zu erwartende Investitions- und Vollkosten von zwei Referenz-Heizsystemen und 15 Anlagenkombinationen bzw. Ersatzmaßnahmen, die zur Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEWärmeG) einsetzbar sind.

 

Im Ergebnis liefert die Studie konkrete Daten über die Kosten einer Erweiterung der Einsatzpflicht für erneuerbare Wärmelösungen auf den Gebäudebestand, über die CO2-Einsparungen, die jeweils erreicht werden können und darüber, ob die Anforderungen für die betroffenen Bürger und Unternehmen zumutbar sind. Die Studie wird auf der Internetseite des Ministeriums veröffentlicht.

 

Fazit der Studie: Verpflichtungen aus dem EEWärmeG führen zu einer deutlich höheren finanziellen Belastung.

 

Die Erneuerbare-Energien-Wärmetechnologien müssen also preiswerter werden. Sie können sich am Markt nur dann dauerhaft etablieren, wenn sie wettbewerbsfähig werden. Es müssen preiswerte Lösungen auch für diejenigen Gebäude auf den Markt gebracht werden, die nur noch einen geringen Heizenergiebedarf haben. Die Studie zeigt, dass eine Ausweitung des EEWärme-Gesetzes auf den Bestand für Sachsen-Anhalt die Gefahr birgt, dass sich die Sanierungsrate drastisch verringern wird, weil ein großer Teil der Betroffenen die vorgeschriebenen Maßnahmen nicht leisten können.

 

Fallzahlen:

 

Ein- und Zweifamilienhäuser

Von insgesamt 422.400 Ein- und Zweifamilienhäuser im Jahr 2011 sind 97 % als EEWärmeGFälle anzusehen. Bei einer Ausdehnung des Wirkungsbereiches des EEWärmeG auf den Bestand wären somit 410.200 Ein- und Zweifamilien-häuser betroffen. Unter der Annahme, dass die Wärmesysteme auf Basis von Fernwärme die Kriterien des EEWärmeG erfüllen, reduzieren sich die EEWärmeG-Fallzahlen geringfügig auf 409.400 Gebäude Mehrfamilienhäuser.

 

Insgesamt 104.600 Gebäude, d. h. 98 % aller Mehrfamilienhäuser wären bei einer Ausdehnung des Wirkungsbereiches des EEWärmeG auf den Bestand betroffen. Unter der Annahme, dass die Wärmesysteme auf Basis von Fernwärme die Kriterien des EEWärmeG erfüllen, reduzieren sich die EE-WärmeG-Fallzahlen deutlich auf 56.800 Gebäude, dann wären immerhin noch 53 % des Gebäudebestandes betroffen.

 

Nichtwohngebäude

 

Von insgesamt 119.900 Nichtwohngebäude aus den betrachteten Wirtschaftszweigen (Land- und Forstwirtschaft, Fischerei, Handel, Verkehr, Gastgewerbe, Information und Kommunikation, Finanz-, Versicherungs- und Unternehmensdienstleis-tungen, Grundstücks- und Wohnungswesen sowie Öffentliche und sonstige Dienstleister, Erziehung, Gesundheit) wären ca. 117.400 Gebäude bei einer Ausdehnung des Wirkungsbereiches des EEWärmeG auf den Bestand betroffen. Unter der Annahme, dass die Wärmesysteme auf Basis von Fernwärme die Kriterien des EEWärmeG erfüllen, reduzieren sich die EE-WärmeG-Fallzahlen auf 78.700 Gebäude, was etwa 66 % des betrachteten Gebäudebestandes entspricht.