Die Legende vom Weihnachtsbaum – auf Spurensuche in Sachsen-Anhalt

30 Millionen Tannen verwandeln sich in Deutschland in den kommenden Tagen wieder in Weihnachtsbäume, bunt geschmückt mit Kugeln, Glöckchen, Lametta und Kerzen. Der Weihnachtsbaum gehört heute zu Weihnachten wie die Bescherung am Heiligen Abend. Aber wann und wo hatte dieser Brauch seinen Ursprung? Darüber gehen die Meinungen auseinander. Eine der frühesten Spuren des Weihnachtsbaumes schien nach Wittenberg zu führen, in das Haus von Martin Luther.

Sogar ein Bild kann dort noch heute vorgezeigt werden. Darauf ist Luther mit seiner Familie und Freunden am Weihnachtsabend zu sehen. Mit Ehefrau Katharina, Großmutter Lehne, den Kindern Paul, Martin, Magdalena, Margarete und Johannes, mit Philipp Melanchthon und mit seinem Sekretär Georg Rörer sitzt der Reformator unter einem lichterglänzenden Weihnachtsbaum.

 

Nicht nur die Gesichter, auch die Wohnung wird Besuchern des Lutherhauses vertraut vorkommen. Selbst der Titel des Bildes klingt dokumentarisch: „Luther mit seiner Familie am Christabend 1536 zu Wittenberg.“ Aber es ist kein Dokument. „Das Bild ist erst 1843 entstanden und vermittelt einen Weihnachtsabend, wie er nicht belegbar ist", schreibt der hallesche Journalist Ernst Krziwanie in seinem Buch „Advent, Advent“, in dem er über Weihnachtsbräuche in Sachsen-Anhalt erzählt.

 

Doch schönem Schein wird nur zu gern geglaubt. Und so nährte der Stahlstich die Legende, schon zu Martin Luthers Zeit sei Weihnachten im Schein der Kerzen eines Christbaumes gefeiert worden. Der Stich regte auch viele andere Künstler an, ähnliche Bilder zu schaffen. Fortan wurde es Luther hoch angerechnet, den Weihnachtsbaum in die deutschen Stuben gebracht zu haben. Mit der Wirklichkeit hatte dies allerdings nichts zu tun, auch wenn Ernst Krziwanie dem Reformator durchaus Verdienste um das Weihnachtsfest einräumt: „Weihnachten, wie es bis heute von Christen und in den Familien gefeiert wird, ist nachhaltig durch Predigten, Lieder und Traditionen geprägt, die mit dem Wirken und Schaffen des Reformators verbunden sind. Doch der Weihnachtsbaum ist nicht sein Verdienst."

 

Doch auch ohne diese schöne Weihnachtsbaum-Legende um Martin Luther, dessen Reformationsjubiläum 2017 weltweit gefeiert wird, führt die Spur zu einem der ersten Weihnachtsbäume nach Sachsen-Anhalt. 1509 nämlich stach ein Freund des Reformators, Lucas Cranach der Ältere, in seiner Wittenberger Werkstatt „Die Buße des heiligen Crysostomos" in Kupfer. Und dieser Kupferstich zeigt im Hintergrund eine mit Kerzen geschmückte Tanne. Vielen gilt deshalb Cranachs Grafik als die erste bildliche Darstellung eines Weihnachtsbaumes. Um 1410 wurde begonnen, zur Weihnachtszeit Bäume mit Lebkuchen, Äpfeln, Papier und gefärbten Nüssen zu schmücken. Diese Weihnachtsbäume wurden noch altdeutsch als „Meyen“ bezeichnet. So wurden früher Festbäume genannt, die zur Weihnachtszeit der Natur zu Ehren mit roten Beeren geschmückt wurden. Auch Luther muss diesen Brauch gekannt haben. Das gibt ein von Ernst Krziwanie ausgegrabener Brief zu erkennen, in dem Luther im Jahre 1520 den Mönch Alveld nach Wittenberg einlud: "Kum nach ein mal widder, ... szo will ich dich mit meyen bestecken und denen, die dich gesand haben, zum newen Jar schencken.“

 

 

So  wie wir den Weihnachtsbaum heute kennen, taucht er wohl erstmals 1605 im Elsass auf. Danach verbreitete sich dieser Brauch zuerst unter Protestanten. Sie schmückten zu Weihnachten sowohl ihre Wohnstuben als auch die Kirchen mit Weihnachtsbäumen. In Lützen stieß Krziwanie auf eine besondere Weihnachtsbaumgeschichte. Dort soll sich ein 1632 verwundeter schwedischer Offizier bei den Einwohnern für seine Pflege dadurch bedankt haben, dass er in der Gemeinde eine Weihnachtsfeier gestaltete. Dabei soll er einen mit Lichtern geschmückten Weihnachtsbaum aufgestellt haben, so wie er es aus seiner schwedischen Heimat gewohnt war.