Deutschlands „IT-fittester Lehrer" will Unterricht und Lernen ins digitale Zeitalter führen

Mitten zwischen modernen Tablets und Laptops auf den Schulbänken wirkt eine uralte Schiefertafel wie ein Fremdkörper. Geschrieben wird auf ihr längst nicht mehr, doch der Rückblick in den Alltag des Lernens vor nur wenigen Jahrzehnten lässt kurze Zeit nachdenklich werden. Die Art der Wissensvermittlung hat sich rasant geändert. Vollvernetzte Klassenzimmer mit direktem Draht ins weltweite Datennetz sind auf dem Vormarsch. Selbst die klassische Wandtafel macht riesigen Tablet-PCs Platz. Eine regelrechte Revolution vollzieht sich - aber viel zu langsam, ist sich Olaf Kleinschmidt sicher. Deutschlands „IT-fittester Lehrer", 2008 ausgezeichnet von der Initiative IT-Fitness, hatte seinen Beruf schon kurz vor der Ehrung an den Nagel gehängt. Ihm geht vieles zu langsam, er ist ein unruhiger Geist, mag keinen Stillstand.

(Bildtext: Olaf Kleinschmidt setzt sich für digitale Klassenzimmer ein. Autor/Foto: Klaus-Peter Voigt im Auftrag der IMG)
(Bildtext: Olaf Kleinschmidt setzt sich für digitale Klassenzimmer ein. Autor/Foto: Klaus-Peter Voigt im Auftrag der IMG)

Inzwischen betreibt der 50-Jährige seine eigene Firma, will mit Maxx2it die Entwicklung voranbringen, Schulen und Firmen beraten, wie Lernen im Computerzeitalter funktioniert. Die Magdeburger Otto-von-Guericke Universität bietet dem Landes-Demonstrations-Zentrum für Schul-IT und digitale Lernwerkzeuge von Sachsen-Anhalt ein Domizil. Kleinschmidt will dort Pädagogen und Entscheidern Mut machen, sich auf die neuen Trends einzulassen. Der mit Hochtechnologie vollgestopfte Raum sucht bundesweit seinesgleichen, Sachsen-Anhalt zeigt sich offen für Informationstechnologien im Klassenzimmer.

 

"Der Weg ist steinig", sagt Kleinschmidt. Er möchte Hindernisse beseitigen, Visionen umsetzen. Zu den wichtigsten gehört ein eigenes Datennetz für Schulen. Das soll in der Zukunft so einfach sein wie der "Strom aus der Steckdose". Jedes Bundesland müsse sich dafür entscheiden. Ein zentrales Rechenzentrum sichere die stabile Verbindung mit dem Internet. Kein Lehrer müsste sich mehr um administrative Aufgaben kümmern, lautet sein Wunschziel. Sie bekämen mehr Zeit für den Unterricht und die Schüler. Der Computerpädagoge ist beileibe kein Pessimist, doch Deutschland ist für ihn nach wie vor in puncto IT in Schulen ein Entwicklungsland. Viel sei noch zu tun. Als Beispiel nennt er die Ausstattung mit digitalen Tafeln. Nur 20 Prozent der Klassen kann sie bislang nutzen. Viel zu wenig. Andere Länder seien da längst weiter, hätten die grünen Tafeln nebst Kreide bereits verbannt.

 

Der Magdeburger Unternehmer weiß wovon er spricht, hat lange praktische Erfahrungen. Als Physik- und Mathematiklehrer hatte er schon zu DDR-Zeiten ein Faible für Computer, richtete damals mit einem Kollegen bereits ein Informatikkabinett ein. Heute antiquarisch wirkende Computer KC85 von Robotron besorgten sie aus "dubiosen Quellen", erzählt Kleinschmidt lachend. Das Thema IT im Unterricht habe in seitdem nicht mehr losgelassen. Am Magdeburger Sportgymnasium fand er offene Ohren, legte sich so richtig ins Zeug. Die Mädchen und Jungen dort trainieren unter anderem im Olympiastützpunkt, fehlen bis zu 70 Tagen im Jahr in der Schule. Trainingslager und Wettkämpfe fordern sie. Der Laptop im Gepäck, um den Lernstoff einigermaßen aufzuholen, gehörte im Jahr 2000 bereits zum Standard. Das allein reichte Kleinschmidt nicht. Er organisierte einen mobilen Unterricht, der es über spezielle Software ermöglichte, dass die Sportler an nahezu jedem Ort der Erde in den Unterricht einbezogen werden können.

 

Der aktuelle Lehrstoff ihrer Klassen in Magdeburg wird auf digitalen Tafeln dargeboten und elektronisch gesichert. Sogenannte Fernlernseiten stellen diesen dann aktuell zur Verfügung. Auch die Hausaufgaben gibt es ohne Verzögerung, die Lehrer betreuten ihre Schüler auf dem gleichen Weg. "Sportler sind hochorganisiert und problembewusst, wir mussten uns nur wenig Sorgen darum machen, dass sie das Lernen unterwegs vernachlässigten", schätzt Kleinschmidt ein.

 

Trotzdem ging es ihm mit dem mobilen Unterricht nicht schnell genug. Der Pädagoge brennt für seine Sache, zählt Vorteile ohne Ende auf. Keineswegs würde der Computer auf der Schulbank die Kommunikation einschränken. "Sehen sie sich nur den Unterricht an. Sie werden überrascht sein, wie sich die Mädchen und Jungen gegenseitig unterstützen, miteinander sprechen und durch dieses Miteinander durchaus soziale Kompetenzen erwerben". Mit dem Laptop in der Schultasche werde vieles leichter. Irgendwann gebe es alle wichtigen Schulbücher elektronisch. So könnten die jungen Leute ihre Literatur stets bei sich haben und selbst auf die Exemplare früherer Schuljahre problemlos zurückgreifen. Ähnliches trifft für die eigenen Notizen zu.

 

Hindernisse gelte es auszuschalten, Reserven zu nutzen. Olaf Kleinschmidt spricht von 70 Prozent aller Lehrer, die ihren Unterricht heute schon am Computer vorbereiten. Dass sie dann beispielsweise auf die klassische Tafel zurückgreifen müssen, um den Stoff zu vermitteln, sei unverständlich. Mit seiner Firma Maxx2it sucht er nach Abhilfe, entwickelt digitale Lernumgebungen, kümmert sich um die richtige Software, berät Schulen bei der Einrichtung von digitalen Klassenzimmern und große Unternehmen, wie Intel, Microsoft oder Samsung, bei der Entwicklung von speziellen Educationlösungen. Zunehmend suchen auch Unternehmen Unterstützung im Magdeburger Unternehmen beispielsweise bei Konzepten für Meetings und Seminare mit dem Computer. Die lassen sich ähnlich konzipieren wie schulisches Lernen. Im Ergebnis könne so jeder Teilnehmer einer Beratung zu deren Ende alle Dokumente auf dem aktuellsten Stand mitnehmen. Deutschlands „IT-fittester Lehrer" hat seine Berufung gefunden, streitet für eine effektive Kommunikation und optimales Lernen.

 

(Bildtext: Olaf Kleinschmidt setzt sich für digitale Klassenzimmer ein.

Autor/Foto: Klaus-Peter Voigt im Auftrag der IMG)