Professoren haben Sorge um Initiative gegen Schlachthof in Bernburg

Gesternnachmittag lud die Hochschule Anhalt zu einer Gesprächsrunde zum Thema Schlachthof auf den Campus Bernburg / Strenzfeld ein. Als wissenschaftliche Einrichtung beschäftigt sich die Hochschule mit den Themen Landwirtschaft und Tierproduktion. Prof. Dr. Dieter Orzessek, Präsident der Hochschule Anhalt, Prof. Dr. Martin Wähner, Professor für Tierproduktion, Prof. Dr. Wolfram Schnäckel, Professor für Lebensmitteltechnologie / Fleischwirtschaft lehren und forschen zu Fleischwirtschaft und Landwirtschaft an der Hochschule Anhalt, deshalb sollte ein wissenschaftlicher Blick auf die Thematik geworfen werden. Prof. Dr. Dieter Orzessek sieht die anhaltende Diskussion in der Bevölkerung gegen den Schlachthof mit großer Sorge. Nach dem in der letzten Woche Vertreter der Industrie- und Handelskammer zu mehr Sachlichkeit in der Diskussion um den geplanten Großschlachthof in Bernburg aufgerufen haben, melden sich nun die Wissenschaftler der Hochschule Anhalt zu Wort. 

Diese mahnen vor Vorurteilen und Meinungen, die überhaupt nichts mit dem Thema zu tun haben. Prof. Dr. Orzessek: „Ich mahne an, eine gewisse Sachlichkeit bei den Standpunkt zu bewahren“. Die Professoren sehen mit Sorge die Emotionen zum Thema Schlachthof in der Bevölkerung. Auch aktuelle Themen wie Kulturkürzungen, Schulschließungen, Hochschulkürzungen usw. zeigen, dass wir an die Zukunft denken müssen, und das geht nur mit der Industrie und Arbeitsplätzen.

 

Auch wenn diese immer Transporte nach sich zieht, aber am Standpunkt des geplanten Schlachthofes wird man in der Stadt nichts mitbekommen, schließlich herrschen hier optimale Verkehrsanbindungen, und diese sind gerade für den schonenden Transport von entscheidender Bedeutung. Aber nur noch Geld und Wohlstand funktioniert eben nicht, dass Geld muss erarbeitet werden, Bernburg und der Salzlandkreis braucht die Industrie für die Zukunft der Stadt und zum Wohl der Bürger. 

Bürgerinitiativen gab es schon immer, in Bernburg war dies in den neunzigern der Bau der Tiefgarage, Müllverbrennungsanlage und jetzt Schlachthof. Dabei liegen derzeit kaum Informationen des Schlachthofbetreibers vor. Die Professoren für Tierzucht und Lebensmitteltechnologie stehen für eine Versachlichung der Thematik. Es ist nicht nachvollziehbar, wie eine Petition einer 14-jährigen inzwischen 47.000 Unterschriften zählt, wenn niemand vom Fach zum Thema befragt und schier aus der Luft gegriffene Behauptungen ohne wissenschaftlichen Inhalt schon in der Planungsphase in Frage gestellt werden.

 

Prof. Dr. habil. Martin Wähner ist Lebensmitteltechnologe und hat in China vom Vorhaben in Bernburg erfahren. Bernburg ist ein idealer Standort für die Lebensmittelindustrie. Die Ernährungsindustrie ist die vier größte Industriebranche überhaupt und somit kann es für Bernburg nur von großer Bedeutung sein, einen solchen Großschlachthof in den Salzlandkreis zu holen. Die Wirtschaftlichkeit eines Schlachtbetriebes stand in den neun zigern bei 600 Tieren /h, aktuell bei ca. 1.000 Tieren /h. Längst sind große Schlachthöfe keine regionalen Unternehmen, sondern Weltexportunternehmen.

 

Wir leben hier in Deutschland, und hier herrschen Tierschutzgesetze, welche auch strickt eingehalten werden, so Prof. Wähner. Das gilt für die Mast genauso wie für den Transport. So dürfen die Tiere maximal 8 Stunden am Stück transportiert werden, die Fahrzeuge sind mit Tränken ausgestattet. Die Hochschule ist Befürworter des Standortes Schlachthof Bernburg. In den letzten Jahren gab es in Deutschland eine drastische Entwicklung. Inzwischen werden jährlich rund 12. Mio. Ferkel importiert. Diese werden in Deutschland gemästet und geschlachtet. Großbetriebe stehen im Weser Emsland, in Großglockenburg und mehrhaltig im Osten Deutschlands. Und genau deshalb spricht der Standort Bernburg für sich. Das Industriegebiet besitzt eine hervorragende Verkehrslage in alle Richtungen. Das direkt an der A14 gelegene Grundstück, auf dem der Schlachtbetrieb entstehen soll, liegt zentral in Deutschland, ist daher mit den Transporten in relativ kurzer Zeit erreichbar, bietet genügend Potenzial für weitere Ansiedlung der Fleischveredlungsindustrie und liegt außerhalb des Stadtkerns. Das Ziel ist natürlich auch die Zusammenarbeit mit einheimischen Betrieben. Weitere Ansiedlungen von Fleischveredlungsbetrieben ist nicht unrealistisch, und das birgt ein großes Potenzial an Arbeitsplätzen.

 

Prof. Dr. Wolfram Schnäckel, Professor für Lebensmitteltechnologie hält eine tägliche Schlachtung von 15.000 Schweinen am Tag für machbar, dass ist die Kapazität des Schlachthofes Weißenfels. Die Schweine würden von Zuchtstationen aus einem Umkreis von ca. 234 km kommen, sodass das diese eine max. gesetzlich vorgeschriebene Anlieferungszeit von 8 h ohne Pause nicht überschreiten. Deutschland ist inzwischen zum Exportland für Schweinefleisch geworden. Der Pro-Kopf-Verzehr an Fleisch liegt hierzulande bei 54 kg/Jahr, in Zypern beispielsweise liegt der Verbrauch mit 134 kg/Jahr deutlich höher. Die angelieferten Tiere werden dann schonend mit CO² oder Helium betäubt und müssen innerhalb von Stunden geschlachtet werden.

 

Der Fleischbeschau erfolgt durch Veterinärmediziner, welche nicht Angestellten des Schlachthofes, sondern Angehörige von Behörden sind. Auch werden die Abfälle der Schlachtung, welche lediglich ca. 1,5 Kg/Tier betragen, nicht zur nächsten Müllverbrennungsanlage, sondern zu einer Tierkörperbeseitigungsanlage transportiert. Diese haben noch enorme Kapazitäten, welche noch lange nicht ausgeschöpft sind. Alle anderen Innereien werden verbraucht oder gelten beispielsweise in China als Delikatesse. Auch eine Geruchsbelästigung kann ausgeschlossen werden. Selbst für einen Großteil des anfallenden Blutes gebe es mehrere Verwendungsmöglichkeiten, so wird dieses beispielsweise für die Fütterung von Pelztieren verwendet.

 

Die Professoren der Hochschule Anhalt möchten aber auch den Vertretern der Stadtverwaltung mit ihren wissenschaftlichen Erfahrungen zur Seite stehen und bieten dazu klärende Gespräche an. Sowie die Details des Investors vorliegen, werde man auch Seitens der Stadtverwaltung die Bürger informieren. Indessen machen die Gegner des Schlachthofes mobil und laden am 12. April 2014 (um 17:00) zu einer Informationsveranstaltung im Metropol nach Bernburg ein.

 

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