Kehrt marsch! Anhalt zeigt, wie Energiewende geht

Energie-Avantgarde steht auf dem Flyer. Nein, es ist kein Modetrend bei dem kleine Solarpanele in Jackentaschen genäht und das Handy damit geladen werden soll. Es geht um mehr, viel mehr. Um genau zu sein, die Energie-Wende. Was das mit Sachsen-Anhalt zu tun haben soll? Viel, sehr viel sogar. Der Anteil Erneuerbarer Energie am Nettostromverbrauch beträgt in Sachsen-Anhalt mittlerweile 71%. Und da geht noch mehr. Der Weltklimabericht, der Anfang 2014 veröffentlicht wurde, hat es auch dem letzten Zweifler deutlich zu verstehen gegeben. Diese Energiewende ist nicht nur nötig, sie ist auch möglich.  Aber: Es bleibt nicht mehr viel Zeit, um dem Maßnahmen entgegenzusetzen und die Folgen des viel diskutierten Klimawandels in Grenzen zu halten. Viele Fachleute und Experten sehen in den Regionen, also direkt vor Ort die größten Chancen, ein Umdenken anzustoßen.

Hier kommt die „Energieavantgarde Anhalt“ ins Spiel. Gegründet 2012 auf Initiative der Stiftung Bauhaus Dessau und der Ferropolis GmbH will sie die Akteure und Projekte im Bereich der Erneuerbaren Energien der Region Anhalt-Bitterfeld-Wittenberg vernetzen. Eine bestechend einfache Idee ist das RePro-Projekt: Ländliche Regionen verfügen über Rohstoffe, die zu selten als Wert angesehen wurden. Grünschnitt von Straßenrändern und Gräben, Restholz, Abwärme oder Abwasser. Warum diese Wertstoffe nicht auch vor Ort nutzen? Die Idee: Was bislang als Abfall vor der eigenen Kommunen-Tür anfiel, ist barer Rohstoff. So steht in Wittenberg ein Biomasse-Kraftwerk, das Alt- und Restholz aus der Umgebung verwertet.

 

Wer mit den Augen für das Mögliche durch die Region stapft, der kommt an den Stahlgiganten von Ferropolis nicht vorbei. Die riesigen Kohlebagger stehen auf einem ehemaligen Abbaugebiet für Braunkohle nahe Dessau-Roßlau. Wie ein Mahnmal erinnern sie an die Zeit, als Kohle sorglos verheizt wurde. Doch für die meisten Besucher ist Ferropolis heute ein Ort für Live-Konzerte und Open-Air-Veranstaltungen. Dieser gute Sound braucht aber auch jede Menge Strom. Der soll in Zukunft von Solarkollektoren kommen, die auf den Dächern von Ferropolis installiert werden. Das rhythmische Kopfnicken und Händeklatschen der Konzertbesucher zu grüner Musik. Es kann kaum einen besseren Ort geben, um zu zeigen, wie sich mit den installierten Solarpanelen der Wandel von der alten zur neuen Energiewelt vollziehen kann. Beteiligt an dem Projekt des grünen Konzertstroms für Ferropolis sind auch die Firmen BELECTRIC, einer der Marktführer in der Entwicklung und im Bau von Freiflächen-Solarkraftwerken und Photovoltaik-Dachanlagen,  und die Firma solibro, die im benachbarten Bitterfeld-Wolfen Dünnschicht-Solarpanele herstellt.

 

Zukünftig soll der erzeugte Solarstrom gespeichert werden. Die Festivals versorgen sich dann komplett mit sauberem und vor Ort erzeugtem Solarstrom und vermitteln den Besuchern so einen bewussten Umgang mit Energie.

 

Nun hat aber nicht jeder einen ausgedienten Braunkohle-Bagger oder große Flächen im Vorgarten zur Verfügung. Für die handlicheren Dimensionen im Hausgebrauch ist die Firma Sonnen-Froehlich zuständig. Das 1995 gegründete Unternehmen mit Sitz in Dessau-Roßlau hat sich die Nutzung der Sonnenenergie zum Heizen und Kühlen, für Erd- oder Biowärme und Wärme-Rückgewinnung auf die fröhliche Firmen-Fahne geschrieben. Vor allem für kleine Wohn- und Betriebsgebäude, denn hier stecken viele Möglichkeiten. Doch was das kleine Unternehmen besonders macht, ist nicht der Verkauf von Solarpanelen. Vor der Installation nehmen die Experten die Gebäude genau unter die Lupe. Wo kann Energie gespart und mit welcher Anlage kann das Maximum an Energie produziert werden. Je nach Bedarf kommen solarthermische Anlagen, Holzheiztechnik oder Photovoltaik zum Einsatz. Froehlichs blicken auf tausende Quadratmeter an installierten Solarkollektorflächen zurück.

 

Einen eigenen Beitrag zur Energiewende will auch das Team der EPS Wittenberg GmbH. & Co. KG leisten. Das Unternehmen wurde 2005 als Dienstleister für die Handwerkerschaft im Kreis Wittenberg gegründet und arbeitet inzwischen bundesweit in den Bereichen Gebäudeautomation und Schaltschrankbau. Irgendwann keimte die Frage auf, warum nicht mit Strom aus Photovoltaik-Anlagen heizen, am besten mit kleinen Anlagen vom heimischen Dach. So tüftelt das Unternehmen derzeit an Wasserspeichersystemen als Saisonalspeicher. Gut gedämmte Tanks für Warmwasser sollen die gewonnene Energie saisonübergreifend und optimal speichern. Wenn die Planungen weit genug gediehen sind, soll als Pilotprojekt ein Musterhaus realisiert werden.

 

Dies sind nur einige Beispiele, wie Energiewende in der Region funktionieren kann. Warum sollten sich damit nicht Touristen anlocken lassen? Die Energie-Avantgardisten hätten den Namen nicht verdient, wenn sie nicht auch daran gedacht hätten. Warum nicht eine Tour durch das Bauhaus oder das Schloss Oranienbaum um zu erfahren, wie energetische Sanierung und Denkmalschutz zusammenpassen?

 

Aus den einstigen ökologischen Brennpunkten der Region sind touristisch einmalige Zeugnisse der Industriegeschichte geworden. Ganz bewusst besinnt man sich auf die Wurzeln. So bekommen neugierige Energie-Touristen auf der Erlebnisroute „Kohle | Dampf | Licht | Seen“ von erfahrenen Reiseführern den wirtschaftlich-technischen, aber auch kulturellen Strukturwandel gezeigt und erläutert.

 

Da ist einerseits die Politik gefragt. Die Regionale Innovationsstrategie Sachsen-Anhalt 2014-2020 (RIS)  formuliert langfristige Ziele für das Bundesland im Bereich der Ressourceneffizienz, beim Einsatz von regenerativen Energieanlagen, der Speicherung und Forschung und Entwicklung in diesem Bereich. Den Ausstoß von Treibhausgasen verringern und den Ausbau der Erneuerbaren vorantreiben – diese Doppelstrategie ist Kern der RIS bis 2020. Davon hängt nichts weniger ab als die Zukunftsfähigkeit der Regionen in Sachsen-Anhalt. Andererseits haben sich die Akteure der Energieavantgarde Anhalt selbst ihre Ziele gesetzt: Gemeinsam wollen sie mit Experimenten und Prototypen in Ferropolis ebenso wie mit Bildungs-, Partizipations- und Tourismus-Aktivitäten, die die kulturelle Identität der Region als Energieavantgarde wachsen lassen, ein regionales Stromsystem etablieren. Das Prinzip dieses Systems ist es Stromverbrauch und die Gewinnung erneuerbaren Stroms in der Region aneinander anzupassen.. So groß die Herausforderung auch ist, die Akteure sind fest entschlossen, sie anzugehen.

 

Zur Standort- und Innovationsoffensive "Energieavantgarde Anhalt" gehören neben der Stiftung Bauhaus Dessau die Ferropolis GmbH, die DVV Stadtwerke Dessau, die Stadt Dessau-Roßlau, die Landkreise Anhalt-Bitterfeld und Wittenberg, die Tourismus-Region Anhalt-Dessau-Wittenberg e.V., das Umweltbundesamt, die ATI GmbH/Ceesa, die Hochschule Anhalt, die Regionale Planungsgemeinschaft Anhalt-Bitterfeld-Wittenberg, die Wirtschaftsförderungsgesellschaft ANHALT-BITTERFELD I DESSAU I WITTENBERG mbH und die Landesenergieagentur Sachsen-Anhalt (LENA). Das Projekt wird Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr des Landes Sachsen-Anhalt unterstützt.

 

 

Die Investitions- und Marketinggesellschaft Sachsen-Anhalt mbH (IMG) ist die Ansiedlungs- und Marketingagentur des deutschen Bundeslandes Sachsen-Anhalt. Die Mitarbeiter der IMG bieten alle Leistungen rund um die Ansiedlung im Land – von der Akquisition bis zum Produktionsstart. Außerdem vermarktet die IMG den Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort nach außen und zeichnet verantwortlich für das Tourismusmarketing im In- und Ausland.