"Sorgen-Telefon“ für Lehrer geschaltet

„Wir sehen dem bevorstehenden Schuljahresstart mit Sorge entgegen. Es wird die schlechteste Unterrichtsversorgung seit der Wende geben und selbst die musste noch durch Kürzungen im schulischen Angebot erkauft werden“, sagte der GEW-Landesvorsitzende, Thomas Lippmann, mit Blick auf das in dieser Woche beginnende neue Schuljahr. Für den Erhalt des schulischen Angebots und eine auskömmliche Unterrichtsversorgung von 105% würden derzeit noch ca. 600 Lehrkräfte gebraucht. „Wir müssen erwarten, dass sich der Lehrkräftemangel sowie das weiterhin ersatzlose Ausscheiden von pädagogischen Mitarbeiterinnen zunehmend negativ auf die Lernbedingungen der Schülerinnen und Schüler und die Arbeitsbedingungen unserer Kolleginnen und Kollegen auswirken wird.“, fügte er hinzu.

Die GEW schaltet deshalb ab 3. September und nachfolgend jeden Mittwoch von 16.00 Uhr bis 19.00 Uhr unter der Nummer 0391 7355455 ein „Sorgen-Telefon“, das nicht nur GEW-Mitglieder sondern alle Beschäftigten an Schulen aber auch Schulleitungen, Schüler und Eltern nutzen können, um ihre Sorgen bei Personalmangel, Unterrichtsausfall und Streit mit den Schulbehörden los zu werden.

 

Am „Sorgen-Telefon“ werden erfahrene ehrenamtliche GEW-Funktionäre und Personalratsmitglieder sitzen, die nicht nur die Sorgen und Beschwerden aufnehmen, sondern auch mit Rat und Tat den Anrufenden zur Seite stehen werden. „Wir wollen durch unsere Hilfe aber auch durch politisches Wirken verhindern, dass die berechtigten Sorgen ungehört bleiben und sich nicht zu `Lähmungserscheinungen` entwickeln“, sagte Lippmann.

Auf die Ungewöhnlichkeit dieser Aktion angesprochen, führte Lippmann folgende Hintergründe an:

 

Bei einem Ausfall von geplantem Unterricht durch die Abwesenheit von Lehrkräften (zum ganz überwiegenden Teil durch Krankheit bedingt) von zuletzt 7% an Grundschulen und mehr als 10% an Förderschulen – bei weiter steigender Tendenz – führt eine Unterrichtsversorgung von nur knapp 100% zu ständig steigendem Totalausfall des Unterrichts (an einzelnen Schulen zu einem vollständigen Ausfall ganzer Fächer über Wochen).

 

Sie führt aber auch zu einem erheblichen Anstieg der Doppelbelastungen für die vorhandenen Lehrkräfte, denen zusätzlich zu ihrem geplanten Unterricht noch die Betreuung einer weiteren Klasse oder Lerngruppe übertragen wird. Stillarbeit, Lösen von Übungsaufgaben, Beaufsichtigung oder schlicht Videos ansehen, aber auch Massenunterricht in der Aula oder der Turnhalle sind dann meist der Ersatz für den regulären Unterricht. Der Anteil dieser Form von irregulärer Unterrichtsvertretung betrug zuletzt bereits durchschnittlich 5 Prozent des gesamten Unterrichtsbedarfs. Das entspricht fast zwei ganzen Schulwochen. Dieser Anteil und damit auch die Belastungen für die Lehrkräfte werden sich im kommenden Schuljahr deutlich erhöhen, was einen Teufelskreis von noch mehr Erkrankungen und weiterem Unterrichtsausfall nach sich zieht.

 

Die Folgen solcher Fehlentwicklungen zeigen sich auch in dem hohen und stetig steigenden Anteil von langzeiterkrankten Lehrkräften (länger als sechs Wochen Krankheit), der sich in den letzten 8 Jahren mehr als verdoppelt hat und heute jede 50. Lehrkraft im aktiven Schuldienst betrifft (bis zu 300 Lehrkräfte).