Zweieinhalb Jahre keine Miete bekommen, Hausbesitzer erwirkt Zwangsräumung, Oberbürgermeister Henry Schütze lässt Villa beschlagnahmen, um Mieter zu schützen, Verwaltungsgericht Magdeburg beschließt: Verfügung ist rechtswidrig, Stadt muss Kosten tragen!
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Wie die BILD am 20.02.2019 berichtete, erließ die Stadt Bernburg am 01.02.2019 eine Beschlagnahmeverfügung eines Privatgrundstückes in Bernburg. Damit versuchte Oberbürgermeister Henry Schütze (63, parteilos), die Zwangsräumung einer Villa in Peißen zu verhindern. Laut Beschluss des Verwaltungsgericht Magdeburg vom 18. Februar 2019 ist die Stadt Bernburg damit gescheitert. Die Kosten des Verfahrens muss nun die Stadt tragen!
Der Eigentümer des Grundstückes und Villa samt Nebengebäude, Patrick Naumann (42) sitzt auf rund 15.000 Euro Mitschulden, weil der Mieter der 200 Quadratmeter Villa, sein Vater Peter Naumann (65) und Ehefrau Annett, seit 2 1/2 Jahren nicht zahlten. Da eine Zwangsräumung am 20. Februar anstand, erließ Oberbürgermeister Henry Schütze eine Beschlagnahmeverfügung.
Stadt erlässt Beschlagnahmeverfügung
Darin hieß es: "Auf Grundlage der §§1, 10 und 13 des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung des Landes Sachsen-Anhalt beschlagnahmt die Stadt Bernburg vom 20. Februar bis 20. August 2019 das Grundstück, da eine auf den 20. Februar terminierte Zwangsräumung eine gewärtige erhebliche Gefahr für die Mieter darstellt."
Kommunen müssen Pflicht zur Notunterbringung erfüllen
Wohnungslose Menschen haben ein Recht darauf, von der Kommune, in der sie sich aktuell und tatsächlich aufhalten, mit einer Notunterkunft nach Ordnungsrecht versorgt zu werden. Die Stadt Bernburg (Saale) betreibt die Obdachlosenunterkunft in Bernburg (Saale), Auguststraße 68. Sie dient der vorübergehenden Unterbringung von Personen, die in Bernburg (Saale) obdachlos wurden oder deren Obdachlosigkeit unmittelbar droht.
In der Beschlagnahmeverfügung gibt die Stadt Bernburg an, dass die Unterbringung in eine Obdachlosenunterkunft der Stadt Bernburg von Peter Naumann aufgrund einer schweren Erkrankung ausgeschlossen ist. Außerdem könne die Stadt Bernburg aufgrund ausgeschöpfter Platzkapazitäten eine Unterbringung weder in eigenen, noch in angemieteten Gebäuden durchführen lassen.
Entschädigung für Beschlagnahme
Außerdem wird die Stadt Bernburg eine Entschädigung an den Eigentümer in Höhe von 500 Euro monatlich für die Zeit der Beschlagnahme ersetzten, heißt es in der Beschlagnahmeverfügung.
Sohn Patrick Naumann (42) hatte das belastete Grundstück im Jahr 2007 vom Vater gekauft. Rund 10 Jahre habe der Vater wie vereinbart, 500 Euro Miete monatlich gezahlt, doch jahrelange Familienstreitigkeiten führten schließlich dazu, das die Mietzahlungen ausblieben. Sohn Patrick musste weiter für die Kredite des Hauses aufkommen, geriet aber selbst in finanzielle Schwierigkeiten. Deshalb schrieb die Bank auch sein Privathaus zur Versteigerung aus.
Anwältin erstaunt über Vorgehen
Die Anwältin des Eigentümers, Rechtsanwältin Hannebohm aus Magdeburg hat in ihrer gesamten Laufbahn einen solchen Fall, in dem eine Stadt ein Privatgrundstück wegen des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung des Landes Sachsen-Anhalt beschlagnahmt, noch nicht erlebt.
Gericht kippt Verfügung
Laut Beschluss des Verwaltungsgericht Magdeburg vom 18. Februar 2019 erweißt sich die Verfügung der Antragsgegnerin (Stadt Bernburg) vom 01.02.2019 im Wesentlichen als rechtswidrig. Zur Berücksichtigung der Belange der zur Räumung des Wohnhauses Verpflichtenten bei der Suche nach einer anderweitigen geeigneten Obdachlosenunterkunft hält das Gericht allerdings eine Frist bis zum 06.03.2019 für notwendig und ausreichend, weshalb der Antrag insoweit keinen Erfolg hat.
Grundstück nun verkauft
Am 11. Februar hat Grundstücksbesitzer die Villa verkauft, sodass damit die Schulden beglichen werden können. Der letzte Termin zur Räumung ist nun der 19. März 2019, so Patrick Naumann. Dann müssen Peter Naumann und Ehefrau das Grundstück verlassen.
Kommunen können tatsächlich Privateigentum für maximal 6 Monate beschlagnahmen, wenn Personen Obdachlos würden, weil keine Platzkapazitäten in einer Obdachlosenunterkunft vorhanden oder keine anderen angemieteten Unterkünfte zur Verfügung stehen.
Die Stadt lehnte gegenüber BILD eine Erklärung ab.
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