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Unbemannte Frachtdrohne startet zu Testflügen

(Foto: DLR ) Vision einer Frachtdrohne zur Erprobung in Cochstedt
(Foto: DLR ) Vision einer Frachtdrohne zur Erprobung in Cochstedt

Der Umbau des Flughafen Cochstedt in ein Drohnentestzentrum soll im September beginnen. Das Land stellt Sonderfinanzierung von 15,8 Millionen Euro zur Verfügung. 



Mit dem Aufbau eines nationalen Erprobungszentrums für unbemannte Luftfahrt am Flugplatz Cochstedt – das in dieser Form europaweit einmalig ist – soll zudem ein engmaschiges und hochinnovatives Forschungsnetzwerk etabliert werden. Cochstedt ist dafür wegen seiner Lage und seiner Genehmigung als regulärer Verkehrsflughafen der ideale Platz.

 

 

Gibt es einen konkreten Zeitplan und wie sieht der aus?

 

Nach Auskunft des DLR soll bereits im September 2019 mit Umbauarbeiten vor Ort begonnen werden. Das DLR will den Flughafen Cochstedt zu einem Nationalen Erprobungszentrum für zivile unbemannte Luftfahrtsysteme ausbauen. Dieses Zentrum bietet aus Sicht des Wirtschafts- und Wissenschaftsministeriums großartige Entwicklungschancen für Region und Land Sachsen-Anhalt: es können neue innovative Unternehmen angesiedelt, die Forschungskompetenzen auf diesem Gebiet gestärkt und mit der Wissenschaft im Lande vernetzt sowie der Flughafen Cochstedt langfristig sinnvoll genutzt werden.

 

Wir entwickeln und erproben im Programm Luftfahrtforschung des DLR einen Demonstrator für den unbemannten Frachttransport und eröffnen damit die Perspektive, Lasten von bis zu 200 Kilogramm auf Distanzen bis zu 500 Kilometern im bodennahen Luftraum zu befördern", sagt DLR-Luftfahrtvorstand Prof. Rolf Henke. "Unterhalb des regulären Luftverkehrs ermöglicht das Konzept einen flexiblen Betrieb auf regionalen Strecken abseits besiedelter Gebiete."

 

Sonderfinanzierung des Landes für Drohnentestzentrum

 

Das Land Sachsen-Anhalt stellt dem DLR eine Sonderfinanzierung für den Erwerb des Flughafens Cochstedt in Höhe von rund 15,8 Millionen Euro zur Verfügung und wird sich an der institutionellen Förderung des DLR ab 2021 mit jährlich knapp einer Million Euro beteiligen. Die Helmholtz-Gesellschaft, zu der auch das DLR gehört, ist die größte Forschungsorganisation in Deutschland. Etwa 70 Prozent des Helmholtz-Budgets tragen der Bund und die Länder im Verhältnis von 90 zu 10 Prozent (d.h. der Bund trägt absolut etwa 63 Prozent und die Länder absolut etwa 7 Prozent des Gesamtbudgets); die restlichen rund 30 Prozent werben die einzelnen Helmholtz-Institute selbst als Drittmittel ein.


 

Wie viel Geld hat das Land in den Airport investiert?

 

Insgesamt wurden öffentliche Mittel in Höhe von rund 56 Millionen Euro aufgewendet, davon kamen rund 36 Millionen Euro vom Land Sachsen-Anhalt und rund 20 Millionen vom Bund. Davon wurden 40 Millionen Euro (jeweils zur Hälfte von Bund und Land) für die Förderung von Errichtungsinvestitionen in den Flughafen und des angrenzenden ca. 70 ha großen Industrie- und Gewerbegebietes aus der Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW) investiert, 16 Millionen Euro für den Erwerb des Flughafens aus der Insolvenz (2000) und die Betriebsführung des Flughafens bis zum Verkauf 2010.

 

Was passiert bei den Überflügen durch Flugzeuge?

 

Zusätzlich zum Testbetrieb mit unbemannten Fluggeräten, der seit Januar 2018 läuft und vom Landesverwaltungsamt jeweils genehmigt werden muss, nutzt das DLR den Flughafen Cochstedt seit Ende der 1990er Jahre und wieder seit August 2016 etwa zwei- bis dreimal pro Jahr v.a. auch zur Erforschung lärmmindernder Maßnahmen. Unter anderem wird an einer Maschine des Typs DO 228 in Zusammenarbeit mit GE Aviation Deutschland der Propeller-Lärm gemessen werden, der während des Flugs in die Flugzeugkabine und in die Umgebung abstrahlt. Mikrofone auf dem Rumpf und im Kabineninneren zeichnen bei unterschiedlichen Flugzuständen die Geräuschemissionen auf. Parallel hierzu fanden im Juli 2019 Geräuschmessungen mit einem weiteren Flugzeug der DLR-Forschungsflotte, dem Versuchsträger Airbus A320 ATRA, statt.

 

Bei diesen Überflugmessungen wird sich das Flugzeug mehrfach dem Flughafen annähern und ihn in einer bestimmten Konfiguration überfliegen. Nach jeder Schleife beziehungsweise Platzrunde geht das Flugzeug erneut in den Anflug auf den Flughafen über, dies gehört zum normalen Ablauf der Untersuchungen. Bei den Überflügen mit dem A320 zeichnen zahlreiche Bodenmikrofone das Flugzeuggeräusch auf. Die Messflüge mit beiden Maschinen sind Bestandteile von Forschungsprojekten, die sich der Entwicklung von Lärmminderungsmaßnahmen für Transportflugzeuge widmen.


Welche Drohnen werden getestet?

 

Im Juli 2019 hat das DLR erfolgreiche Flugversuche am Flughafen Cochstedt mit dem unbemannten Fracht-Tragschrauber durchgeführt. Mit der umfangreichen Modifikation eines 450 Kilogramm schweren Tragschraubers hin zu einer experimentellen "Transportdrohne" mit Ladefläche haben die DLR-Forscher im Projekt ALAADy-Demonstrator eine der aktuell größten zivilen unbemannten Luftfahrzeugsysteme entwickelt. Das Fluggerät wurde umfangreich nachgerüstet mit Sensoren, Aktuatoren, einem Flugsteuerungsrechner sowie weiterer Soft- und Hardware für den automatisierten Flug. Bei den aktuellen Flugversuchen am Nationalen Erprobungszentrum für unbemannte Luftfahrtsysteme in Cochstedt hat das Entwicklerteam den unbemannten Tragschrauber zunächst manuell per Funkverbindung gesteuert, wie es auch bei Modellflugzeugen üblich ist. So konnten alle Sicherheitsmaßnahmen im praktischen Flug erprobt, alle Systemkomponenten getestet und die Flugtüchtigkeit der neu entwickelten Transportdrohne nachgewiesen werden.

 

Die Frachtdrohne hat mittlerweile in Flugversuchen mehrere Platzrunden in bis zu 150 Meter Höhe und mit einer Geschwindigkeit von etwa 100 Kilometer pro Stunde absolviert. "Mit den Versuchsflügen konnten wir bereits zeigen, dass Tragschrauber eine geeignete Konfiguration für den unbemannten Lufttransport sind", erklärt Lorenz. Die manuellen Flüge schaffen die Grundlage dafür, das Fluggerät nun Schritt für Schritt zu automatisieren. Die Rechner übernehmen dann nach und nach alle Aufgaben, die sonst ein Mensch im Luftfahrzeug oder vom Boden aus erledigen müsste. "Im nächsten Schritt soll der unbemannte Tragschrauber seinen ersten automatischen Flug absolvieren", sagt Lorenz. "Wir entwickeln nun neue automatische Flugsteuerungsfunktionen für alle Flugphasen: das heißt für Rollen, Start, Reiseflug und Landung."

 

Die Geschichte des Flughafen Cochstedt

 

Im Jahr 1957 wurde der Fliegerhorst für die sowjetischen Luftstreitkräften gebaut. Das Land erteilte 1994 dem Flughafen eine 24-Stunden Betriebserlaubnis als einzigen zivilen Verkehrsflughafen Sachsen-Anhalts. Bis 1999 wurde der Airport auf den Standard eines internationalen Airports erweitert. Im Jahr 2010 verkaufte das Land den Flughafen an die dänische Betreibergesellschaft Airport Development. 2011 wurde mit der Billigfluglinie Ryanair das Zeitalter eines regulären Passagierflugbetrieb eingeläutet, welche schon zwei Jahre später vorbei sein sollte.