Kein einziges komplexes Modernisierungsvorhaben im Wohnungsbereich

Die aktuellen Rahmenbedingungen ermöglichen keine wirtschaftlich vertretbare und komplexe energetische Sanierung des Altbaubestandes, es rechnet sich schlicht und ergreifend nicht für den Vermieter und erst recht nicht für die Mieter.


Die vermutete Bestrebung, dass es in den nächsten Jahren ganz verstärkte Anstrengungen gibt, ältere Wohnungskomplexe komplett zu modernisieren, war sicher noch ein Thema, als die Zinsen bei einem Prozent lagen und sich die Baukosten noch in einem erträglichen Rahmen befanden. Da haben wir unter der Maßgabe, dass die Mieten für die Mieter bezahlbar sind, noch grundhaft sanieren können, meint Holger Köhncke, Geschäftsführer der Bernburger Wohnstättengesellschaft mbH.

 

In der momentanen Situation, Fachkräftemangel, gestiegene Baupreise, extrem gestiegene Materialkosten und eine Vervier- oder Verfünffachung der Zinsen wird dies kaum noch möglich sein. Aus diesen Gründen wird die BWG in den nächsten drei Jahren keine komplexen und allumfassenden Modernisierungsvorhaben im Wohnungsbereich vornehmen können.

 

Das Gesamtinvestitionsvolumen für 2023 wird ähnlich hoch wie in den letzten Jahren sein, jedoch wird sich das Wohnungsunternehmen auf eine behutsame Bestandserhaltung und Bestandsverbesserung und gewerbliche Objekte konzentrieren.

 

Die bei der vollständigen energetischen und emissionsoptimierten Sanierung von Altbauten, z.B. aus den fünfziger Jahren, anfallenden Gesamtkosten würden, nur unter dem Aspekt der Kostendeckung, Kaltmieten in Höhe von mindesten 12,00 €/m² erfordern.

 

Diese Kaltmieten sind für die breite Masse unserer Mieter unterm Strich einfach nicht finanzierbar und es wird auch kaum einem Mieter am Ende zu erklären sein, dass dieser vielleicht 10, 12 oder 15 Euro bezahlen muss, um die Heizkosten inklusive der CO² Abgabe in Richtung von 0,80 €/m²/Monat zu senken. Der überwiegende Teil der Mieter entscheidet sich dann lieber für eine mit Augenmaß sanierte Wohnung, welche vielleicht mit 6,00 – 7,00 €/m² zu Buche schlägt und akzeptiert am Ende Heizkosten, welche zwischen 1,50 €/m² und 2,00 €/m² liegen.

 

Die aktuellen Rahmenbedingungen ermöglichen keine wirtschaftlich vertretbare und komplexe energetische Sanierung des Altbaubestandes, es rechnet sich schlicht und ergreifend nicht für den Vermieter und erst recht nicht für die Mieter.

 

Bei der gesamtgesellschaftlichen Diskussion in Bezug auf zukünftige klimaneutrale Wohnungsbestände muss den 60 % unserer Mitbürger, welche zur Miete wohnen, auch klar kommuniziert werden, dass sie am Ende als Endkunde für die anfallenden Kosten aufkommen werden müssen.

 

Diese Thematik kann auch nicht nur lokal verortet werden, sondern diese wird bundesweit in zunehmendem Maße als Problem erkannt. Viele Wohnungsunternehmen fahren ihre Investitionen zurück und die Zielstellung, im Jahr 400.000 neue Wohnungen in Deutschland zu bauen, scheint in weite Ferne gerückt. Der Transformationsprozess der Wohnungsbestände braucht, aufbauend auf der bestehenden Infrastruktur, dringend massentaugliche und zentrale Lösungen, um diese Bestände mit weitgehend CO²- neutral erzeugten Medien beheizen zu können. Es wäre mehr als wünschenswert, wenn dieser Ansatz prioritär betrachtet werden würde und die verbrauchsorientierte, energetische Sanierung unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten als diesbezügliche Ergänzung betrachtet wird.

 

"Unsere Mieter können rechnen und werden sich ganz genau überlegen, welche Wohnung sie am Ende dann nehmen, welcher Wohnraum gesamtwirtschaftlich für sie am vernünftigsten ist."


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