Tourismus in Sachsen-Anhalt im Aufwind

Nach einem zufriedenstellenden Jahr 2014 wird 2015 ein gutes Jahr für den Tourismus in Sachsen-Anhalt und Ostdeutschland. Im ersten Halbjahr wuchs die Zahl der Übernachtungen um 0,7 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Für das gesamte Jahr 2014 lag der Wert bei 4,2 Prozent. Flutbedingte Nachfragerückgänge in 2013 konnten im vergangenen Jahr größtenteils wieder aufgeglichen werden. Dies geht aus dem Sparkassen-Tourismusbarometer 2015 des Ostdeutschen Sparkassenverbandes (OSV) hervor, dessen landesspezifische Ergebnisse der Geschäftsführende Präsident des OSV, Dr. Michael Ermrich, am Mittwoch in Halle/Saale vorstellte.

 

Das Tourismusbarometer sieht den ostdeutschen Tourismus in der „Reifephase“ angelangt. Will er dauerhaft bundesweit und international wettbewerbsfähig sein, benötigt er neue Wachstumsimpulse. Beispielhaft nennt das Barometer die Saisonverlängerung und Investitionen in den Service. „Die Unternehmen müssen sich weiter anstrengen, wollen sie erfolgreich bleiben. 


Der wetterbedingte Aufschwung des Jahres darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass Erfolg und zufriedene Gäste kein Geschenk, sondern das Produkt harter und kreativer Arbeit ist“, so Dr. Michael Ermrich. Zwischen 1993 und 2014 entfielen rund 40 Prozent des bundesweiten Übernachtungszuwachses auf die fünf ostdeutschen Bundesländer. Zudem stiegen die Übernachtungszahlen bis 2003 in Ostdeutschland stärker an als in Deutschland insgesamt. Der Marktanteil der neuen Länder am Deutschland-Tourismus kletterte von 10,4 Prozent (1993) auf stolze 19,0 Prozent im Jahr 2003. Seit 2004 entwickelte sich die touristische Nachfrage jedoch in fünf von elf Jahren schlechter als im Bundesdurchschnitt. Zunächst stabilisierte sich der Marktanteil, dann ging er leicht zurück bis 2014 auf 18,1 Prozent. 2014 wurden in den Flutgebieten die hochwasserbedingten Rückgänge wieder zu weiten Teilen aufgefangen.

 

Jüngster Aufwärtstrend setzt sich fort

Die Zahl der Gästeankünfte überschritt 2014 erstmals die 3 Millionen Marke. Die Betriebe zählten 2014 3,014 Mio. Gäste, 4,5 Prozent mehr als 2013. Bundesweit lag der Wert 2014 bei 3,6 Prozent. Im ersten Halbjahr 2015 kamen 1,42 Mio. Gäste nach Sachsen-Anhalt, 2,9 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Nach einem zufriedenstellenden Jahr 2014 mit 7,4 Mio. (+4,2 Prozent) Übernachtungen stieg in Sachsen-Anhalt die Zahl der Übernachtungen in gewerblichen Betrieben und auf Campingplätzen im ersten Halbjahr 2015 um 0,7 Prozent und somit schwächer als deutschlandweit (+ 3,2 Prozent) und in Ostdeutschland 1,8 Prozent. Deutlich zu spüren war eine zusätzliche Nachfrage in der Altmark, wo sich in Havelberg befindet einer der fünf BUGA-Standorte befindet. Die anderen vier BUGA-Standorte liegen im Land Brandenburg. Deutlich stärker als im landesweiten Trend legte die Zahl der Übernachtungen im ersten Halbjahr 2015 in der Altmark um 6,1 Prozent zu auf 269.074 Übernachtungen.

 

Auslandsnachfrage weiter gering 

Nach wie vor wird das Marktsegment „ausländische Gäste“ vernachlässigt. 94 Prozent aller ostdeutschen Übernachtungen wurden 2014 von Gästen aus Deutschland getätigt. Deutschlandweit ist der Anteil von Übernachtungen der Auslandsgäste mit 17,8 Prozent fast dreimal so hoch. Auch das Nachfragevolumen der internationalen Gäste in Sachsen- Anhalt lag mit 232.023 Ankünften und 522.507 Übernachtungen (+3,6 Prozent gegenüber 2013) in 2014 auf einem für Ostdeutschland typisch niedrigem Niveau. Im ersten Halbjahr 2015verzeichnete das Land Zuwächse von 4,3 Prozent bei den Ankünften und einen Rückgang von 6,4 Prozent bei den Übernachtungen gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Die Reiseregionen Sachsen-Anhalts haben sich unterschiedlich entwickelt. Im Zeitraum 2009 bis 2014 erreichten die Altmark (+ 47 Prozent) und Halle, Saale-Unstrut (+ 41 Prozent) mit Abstand die größten Zuwächse bei den Übernachtungen von Auslandsgästen. Es folgen Anhalt-Wittenberg (+ 20 Prozent) und Magdeburg, Elbe-Börde- Heide (+ 19 Prozent). Schlusslicht ist die Region Harz und Harzvorland (+ 1 Prozent). Landesweit wurde ein Plus von 20 Prozent erreicht.

 

Auslastung steigt stetig

Das Auslastungsniveau in den neuen Bundesländern ist seit 2009 fast durchgängig gestiegen. Auch die leicht rückläufige Entwicklung im Flutjahr 2013 machten die ostdeutschen Länder inzwischen wett, 2014 stieg die Auslastungsquote erstmals stärker als in Westdeutschland. Die Auslastungsquote in Sachsen-Anhalt lag mit knapp 31 Prozent leicht unter dem ostdeutschen Schnitt von 33,8 Prozent. Im Juni 2015 lag die Auslastung in Sachsen-Anhalt bei 28,4 Prozent, deutschlandweit bei 33,8 Prozent. 

 

Erfreuliche Halbjahresbilanz der Regionen

Weinregionen und Mittelgebirge waren 2014 „in“ unter ostdeutschen Reisezielen. Davon profitierte auch Sachsen-Anhalt. Im Jahr 2014 verzeichneten alle Reisegebiete in Sachsen-Anhalt Nachfragezuwächse. Anhalt-Wittenberg verzeichnete 2014 gegenüber 2013 ein Plus von 6,8 Prozent bei Übernachtungen, Halle, Saale-Unstrut + 6,4 Prozent, Magdeburg, Elbe-Börde-Heide + 6,2 Prozent, Altmark + 5,3 Prozent, Harz und Harzvorland + 1,1 Prozent. Die Halbjahresbilanz 2015 ist uneinheitlich. „Harz und Harzvorland“ 1,26 Mio. Übernachtungen (+ 0,6 Prozent), Magdeburg, „Elbe-Börde- Heide“ erreichte 0,73 Mio. Übernachtungen (- 1,6 Prozent), Halle, „Saale-Unstrut“ 0,67 Mio. (+ 1,3 Prozent), „Anhalt-Wittenberg“ 0,47 Mio. Übernachtungen (+ 1 Prozent) und Altmark 0,27 Mio. Übernachtungen (+ 6,1 Prozent).

 

Freizeitwirtschaft mit starker Nachfrage im ersten Halbjahr 2014

Im Jahr 2014 kamen 4,96 Mio. Besucher in die 46 Kultur- und Freizeiteinrichtungen Sachsen-Anhalts, die als touristische Wetterstationen des Tourismusbarometers die Entwicklungen der Freizeitwirtschaft messen. Das sind 9,6 Prozent mehr als im Jahr 2013. Seit 2009 haben die Einrichtungen 3,5 Prozent Besucher gewonnen. Ein erfreuliches Bild zeigte sich zum Jahresstart 2015. Von Januar bis Juni kamen 2,5 Prozent mehr Besucher. Besonders gefragt waren Kirchen (+ 89,8 Prozent), Ausflugsschiffe/Fähren (+ 4,9 Prozent), Stadtführungen (+ 2 Prozent), private Eisenbahnen (+ 1,2 Prozent) und Zoos/Tierparks (+ 0,5 Prozent). Das Tourismusbarometer rät, weiterhin zu investieren und die Besucher mit Sondereffekten und Alleinstellungsmerkmalen zu begeistern.

 

Bei Gästezufriedenheit Schusslicht in Ostdeutschland 

Bei der Gästezufriedenheit belegt Sachsen-Anhalt unter den Bundesländern bundesweit im Mittelfeld Platz 10 und bildet ostdeutschlandweit das Schlusslicht. Der TrustYou-Score, der die Kundenbewertungen von 30 Hotelbewertungsportalen zu einem Index verdichtet, weist in einer exklusiven Auswertung aus dem Jahr 2015 für das Tourismusbarometer Sachsen-Anhalt mit einem Wert von 79,4 Punkten (von 100 möglichen Punkten) aus. Der bundesweite Durchschnittswert liegt aktuell bei 80,3 Punkten, in Ostdeutschland bei 80,8 Punkten. Die zufriedensten Gäste in Sachsen-Anhalt haben die Betriebe in „Harz und Harzvorland“ (80,9 Punkte). Dahinter folgen „Halle, Saale-Unstrut“ (78,6 Punkte), „Altmark“ und „Magdeburg, Elbe-Börde-Heide“ (78 Punkte) und „Anhalt-Wittenberg“ (77,2 Punkte). Im Jahr 2014 waren 172 Betriebe in Sachsen-Anhalt mit dem Gütesiegel „ServiceQualität Deutschland“ zertifiziert. Im Vorjahr waren es 172 Betriebe. Bundesweit gab es 4.066 zertifizierte Betriebe (Stand Februar 2014). Aufgrund einer Umstellung auf Online-Verfahren liegen keine vergleichbaren Zahlen für 2015 vor. Die Qualitätsarbeit muss in Sachsen-Anhalt künftig weiter vorangetrieben werden.

 

Bei der DEHOGA-Hotelklassifizierung (Hotel-Sterne) beträgt der aktuelle Anteil klassifizierter Hotels/Hotels garni in Sachsen-Anhalt 48 Prozent. Der Anteil entspricht 244 Betrieben. Ostdeutschlandweit sind es 44 Prozent und deutschlandweit 43 Prozent. Bundesweit sind 8.907 Betriebe klassifiziert (Stand Februar 2015). Bei vielen Klassifizierungen und Labels nimmt der Marktanteil Ostdeutschlands seit 2011 kontinuierlich zu. Den Top-Wert erreichen die fünf Bundesländer beim Themenlabel Bett+Bike mit knapp 22 Prozent. Ausbaufähig ist dagegen weiterhin die Marktabdeckung bei der Dehoga-Hotelklassifizierung. Dennoch wird das Preis-Leistungs- Verhältnis in den ostdeutschen Städten nach einer Analyse von hotel.de bereits heute als sehr gut bewertet. Die Städte Halle (Saale) (3. Platz) und Magdeburg (6. Platz) sind deutschlandweit vorn dabei. Die Städte punkten mit günstigen Preisen, gutem Service und freundlichem Personal.

 

Die Klassifizierung und Zertifizierung der Betriebe sind deutliche Qualitätssignale an die Gäste. Darüber hinaus sind sie die Grundlage für die Online-Reputation, wie sie im TrustYou-Score zum Ausdruck kommt. Für die Betriebe wird es zunehmend wichtiger, die Rückmeldungen der Gäste ernst zu nehmen und den Dialog mit den Gästen zu suchen. Sachsen-Anhalt bemüht sich nachweislich um Qualität. Die Betriebe sollten jetzt nicht nachlassen, sondern sich vermehrt an Klassifizierungen beteiligen, um dem Gast entsprechende Qualitätssignale zu senden.

 

Das Tourismusbarometer

Das Sparkassen-Tourismusbarometer untersucht Trends und Entwicklungen in der ostdeutschen Tourismuswirtschaft. Gestartet wurde es 1998 in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und in Thüringen. Mittlerweile ist es als Monitoring- Instrument eine unverzichtbare Orientierungshilfe, die auch in Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Saarland und Westfalen-Lippe zum Einsatz kommt.