Bevölkerungszahlen in Sachsen-Anhalt stabilisieren sich

Durch die überproportionale Abwanderung junger Frauen kam es in der Folge regional zu teils erheblichen „Frauendefiziten“ bzw. „Männerüberschüssen“ in der Altersgruppe der 18-35 Jährigen.


Die demografische Entwicklung in Sachsen-Anhalt verläuft nicht so dramatisch, wie ursprünglich angenommen. Das ist das Fazit der 6. Regionalisierten Bevölkerungsprognose, die heute von der Landesregierung beschlossen wurde. „Mit Blick auf die Bevölkerungsentwicklung von Sachsen-Anhalt zeichnet sich ein positiver Trend ab, der so schnell nicht zu erwarten war“, sagte Sachsen-Anhalts Landesentwicklungsminister Thomas Webel in Magdeburg nach der Kabinettssitzung. „Grund zu Euphorie besteht nicht, aber wir sind auf dem richtigen Weg und dürfen nicht in unseren Anstrengungen nachlassen, den demografischen Wandel aktiv zu gestalten“, betonte er.

 

Nach Auskunft von Webel haben sich vor allem die Wanderungszahlen deutlich erholt. „Es gibt wieder mehr Zuzüge nach Sachsen-Anhalt“, betonte der Minister. Habe der Wanderungssaldo im Jahr 2013 noch mit 848 Personen im Minus gelegen, so sei er ein Jahr später auf plus 4.269 Personen angestiegen und 2015 sogar auf 24.500 Personen. Damit sinke die Bevölkerungszahl nicht mehr so schnell wie noch in der 5. Regionalisierten Bevölkerungsprognose vorausberechnet. „Sachsen-Anhalt entwickelt sich nach Zeiten starker Abwanderung kontinuierlich zum Zuwanderungsland“, sagte Webel. Sei es, weil die Menschen hier ein zunehmend besseres Angebot an Ausbildungs- oder Arbeitsplätzen vorfänden oder weil sie hier Zuflucht vor Krieg und Elend suchten.

 

Wenn sich dieser Trend fortsetzt, werden im Jahr 2030 noch etwa zwei Millionen in Sachsen-Anhalt leben. Nach den Berechnungen der 5. Regionalisierten Bevölkerungsprognose sollte diese Grenze bereits sieben Jahre früher, im Jahr 2023, unterschritten werden. Neben den positiven Wanderungszahlen haben auch leicht steigende Geburtenzahlen und die zunehmende Lebenserwartung zu der günstigeren Entwicklung beigetragen.

Der Rückgang der Bevölkerungszahlen wird ausschließlich durch das Geburtendefizit bewirkt. Das heißt, es werden weniger Kinder geboren als Sterbefälle registriert werden. Damit verlangsamt sich zwar der Bevölkerungsrückgang, aber die anhaltende Schrumpfung und Alterung hält an.

 

Lediglich die beiden Großstädte können in den nächsten 15 Jahren mit stabilen bis leicht wachsenden Bevölkerungszahlen rechnen. Der strukturschwache ländliche Raum wird dagegen voraussichtlich weiter schrumpfen und auch rasch altern. Für die künftige demografische Entwicklung ist entscheidend, dass das Land viele Jahre lang genau die Bevölkerungsgruppen verloren hat, die es für eine nachhaltige Bevölkerungsentwicklung benötigt: insbesondere junge Erwachsene und Frauen im gebärfähigen Alter.

 

Durch die überproportionale Abwanderung junger Frauen kam es in der Folge regional zu teils erheblichen „Frauendefiziten“ bzw. „Männerüberschüssen“ in der Altersgruppe der 18-35 Jährigen. Diese Ungleichgewichte zeigen sich vor allem zwischen ländlichen Gebieten und den städtischen Zentren. Während insbesondere die Oberzentren Magdeburg und Halle eine große Anziehungskraft auf junge Frauen ausüben, ist in dünn besiedelten, peripheren ländlichen Räumen ein „Frauenmangel“ zu verzeichnen. Die jungen Männer, die in den wirtschaftsschwachen Regionen zurückbleiben, sind auf dem Arbeitsmarkt, in der Bildung und bei der Partnerfindung benachteiligt. Diese Personen sind damit von einer Teilhabe in vielen gesellschaftlichen Bereichen ausgeschlossen.

 

Dass diese Entwicklung kein neues Phänomen für die Regionalentwicklung in Sachsen-Anhalt darstellt, zeigt sich u.a. darin, dass das Land bereits in den Jahren 2010-2012 in einem europäischen Verbundprojekt mit Partnern aus Skandinavien und Osteuropa diese Situation wissenschaftlich analysierte und daraus Handlungsempfehlungen ableitete. So sind daraus z.B. weitere Praxisprojekte, wie das Interreg-Projekt WOMEN, entstanden und relevante Erkenntnisse fließen in die Arbeit der Landesverwaltung ein. Vor allem das vom Landtag angestoßene Politikfeld „Geschlechtergerechtes Sachsen-Anhalt“, greift diese Problemlagen auf und initiiert weitere Maßnahmen.

 

Darüber hinaus ist ein EU-Projekt beantragt worden, das explizit die Gruppe junger Männer in den Fokus stellen möchte, da diese aus den genannten Gründen hinsichtlich ihres sozialen und unternehmerischen Engagements eine vielerorts ungenutzte Ressource darstellt, die es zu fördern gilt.

 

Ein Ziel sei, dass die jungen Männer in den betroffenen Regionen eine neue Bestimmung in der Gesellschaft fänden, erklärte Webel. Die Männer müssten lernen, in Dienstleistungsberufe vorzudringen und begreifen, dass Bildung das wichtigste Kapital in der modernen Wissensgesellschaft sei.

 

Zu Ihrer Information:

 

Die 6. Regionalisierte Bevölkerungsprognose für Sachsen-Anhalt enthält erstmalig zwei Varianten.

 

Variante 1: Fortschreibung der Prognose

 

Variante 2: Fortschreibung der Prognose mit erhöhtem Zuzug

 

Mit Blick auf die Zuwanderung von Flüchtlingen ist derzeit nicht abschätzbar,

 

· wie viele Flüchtlinge in den nächsten Jahren nach Sachsen-Anhalt kommen werden,

 

· wie viele davon bleibeberechtigt sind und dauerhaft in Sachsen-Anhalt leben werden,

 

· wie viel Familienmitglieder nachziehen werden und

 

· welche Angebote auf dem Arbeitsmarkt in Sachsen-Anhalt vorhanden sind, um Zuwanderer an Sachsen-Anhalt zu binden.



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