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Quo vadis, Saalekämpfer?

Mehr als zwei Jahrzehnte kämpft der Verein zur Hebung der Saaleschifffahrt (VhdS) aus Halle schon für den Ausbau der Saale. Viel ist seitdem passiert.


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So richtig einig waren sich öffentliche Instanzen und die Medien nie. Einmal sprach man vom Saale-Kanal, dann wieder vom Saale-Seitenkanal, manchmal vom Schleusenkanal Tornitz und ganz selten auch vom Elbe-Saale-Kanal. Besonders die letzte Bezeichnung lässt aus heutiger Sicht aufhorchen, hat man doch von Anfang an eher unbewusst miteinander verbunden, was tatsächlich miteinander verbunden gehört: die Bundeswasserstraßen Elbe und Saale. Seit Gründung des Vereins zur Hebung der Saaleschifffahrt (VHdS) 1996 in der Saale-Stadt Halle standen deutliche Verbesserungen der Schifffahrtsbedingungen auf dem Elbe-Nebenfluss im Fokus der Arbeit. Die wirtschaftlich und touristisch wichtige Anbindung der in Teilen stark mäandernden Saale an die „große“ Elbe und das europäische Binnenschifffahrtsnetz ist das Ziel, für das der VHdS seit jeher eintrat. Immerhin wurde der Saale-Ausbau 1992 mit vordringlichem Bedarf im Bundesverkehrswegeplan verankert. So wichtig und richtig die kanalseitige Verbindung der beiden Flüsse ist, so hitzig wird seitdemdarüber diskutiert. Bis heute fehlt die Umsetzung.

2004 wurde ein Raumordnungsverfahren eingeleitet, das 2008 mit positivem Ergebnis abgeschlossen wurde. Hoffnung keimte bei den ansässigen Großunternehmen entlang der Saale auf, die endlich auf den Kanal und die Verlagerung großer Transportkapazitäten auf das umweltfreundliche Binnenschiff setzen wollten. Doch nach 2008 geschah nichts. Das sich üblicherweise anschließende Planfeststellungsverfahren wurde nicht zugelassen, plötzlich schien die Kosten-Nutzen-Rechnung nicht mehr schlüssig – dem gutachterseitig nachgewiesenen Transportbedarf und aller Logik über ein funktionierendes Flussnetz zum Trotz. Umweltverbände, der Bund der Steuerzahler und die Grünen laufen bis in die Gegenwart hinein Sturm gegen den Kanal. Ein großer Kritikpunkt: Die im Vertrauen des Landes Sachsen-Anhalt auf den Saale-Ausbau getätigte 30 Milliarden Euro-Investition in den Hafen Halle-Trotha. Ein Hafen, der bis heute seinem Namen nicht gerecht wird – und doch gar nichts dafür kann. Zwar erfolgte sein erfolgreicher Ausbau zu einem leistungsfähigen Umschlagplatz und zur trimodalen Schnittstelle von Wasserweg, Straße und Bahn, doch der Anschluss „Wasserweg“ fehlt bisher. Und das, obwohl eine im Jahr 2015 getätigte Befragung von Verladern im Einzugsgebiet der Saale ergab, dass rund 2,5 Millionen Tonnen auf den Schifffahrtsweg verlagert werden könnten. Der Sprecher eines großen Logistikdienstleisters hat es in einem Interview einmal sehr treffend auf den Punkt gebracht: „Wir werden eines Tages froh sein, dass wir die Saale als Verkehrsträger haben. Spätestens dann, wenn Straße und Schiene in ein paar Jahren kurz vor dem Kollaps stehen. Die Warenströme versiegen nicht, wenn man ihnen Steine in den Weg legt. Sie suchen sich andere Wege.“

 

Der VHdS ist seit Gründung des Saale-Bündnisses im August 2011 treibende Kraft und  fachlicher Berater dieser unabhängigen und überparteilichen Initiative. Gemeinsam hat man bislang viele Schlachten geschlagen. Nach der Verankerung des Saale-Seitenkanals im Bundesverkehrswegeplan 2030 und die damit verbundene Bestandssicherung der Saale als Bundeswasserstraße definierte man die künftige Arbeit neu. Zwar ist nun alles (zum zweiten Mal) auf geduldigem Papier niedergeschrieben, doch weiterführende Planungen oder gar Umsetzungen sind nicht zu erwarten. Schließlich hat man den rund 133 Millionen teuren, knapp zehn Kilometer langen Kanal aus dem „Vordringlichen Bedarf“ herausgenommen und in die niedrigere Kategorie „Weiterer Bedarf“ gesteckt. Die großen Unternehmen sind mittlerweile desillusioniert. Sie haben kein Vertrauen mehr in die sachgerechte Behandlung „ihrer“ Saale und sind deshalb aus nachvollziehbaren und sehr bedauerlichen Gründen aus dem VHdS ausgetreten. Es steht die Frage im Raum: Quo vadis, Saalekämpfer?

 

Der Verein will weitermachen. Nachdem Anfang 2017 der Weg für die Elbe im gleichnamigen Gesamtkonzept geebnet wurde, setzt man auf positive Auswirkungen für die Saale. Der „Elbe-Masterplan“, auf den sich nach mehr als einem Jahrzehnt des Stillstands Vertreter von Bund, Ländern, Wirtschaft und Umweltverbänden geeinigt hatten, lässt die Hoffnung zu, dass auch die Saale für Binnenschiffer wieder attraktiv und die Lücke zwischen den beiden Wasserstraßen endlich geschlossen wird. Längst betrachten die Vereins- und Bündnismitglieder das Flusssystem Elbe-Saale als großes Ganzes. Das Gesamtkonzept muss nun aber möglichst zügig mit konkreten Maßnahmen begonnen werden. Wird die Elbe ertüchtigt und ökologisch aufgewertet, liegt auch der Saale-Ausbau samt künstlicher Wasserstraßenanbindung auf der Hand. Anders kann es nicht gehen.

 

Fest steht: Der VHdS will sich mit seiner Expertise und seiner Motivation in Zukunft am Dialog aller Akteure beteiligen. Das gilt auch für den Punkt Tourismus. Sachsen-Anhalts Landesregierung hat die Saale für die Aufnahme in das bundesweite Förderprogramm „Blaues Band“ vorgeschlagen – obwohl das Programm für sanften und umweltverträglichen Wassertourismus seinen Fokus klar auf Nebenwasserstraßen hat. Hier muss mit Blick auf die Saale klar Stellung bezogen werden. Immerhin macht es Sorge, wenn das Programm unter anderem vorsieht, die Infrastruktur an Nebenwasserstraßen zugunsten der Renaturierung zurückzubauen. Baut man aber Wehre und Schleusen zurück, versetzt man der Saale-Schifffahrt den Todesstoß. Und auch der zweistellige Millionenbetrag, den der Bund in den kommenden Jahren in die Saale investieren will, würde ad absurdum geführt. 2017 wurde bereits die Schleuse Calbe saniert, 2018 sollen Bernburg und Alsleben folgen. Hier muss mit Fingerspitzengefühl agiert werden – wie grundsätzlich in allen Belangen das Flussnetz Elbe-Saale betreffend.

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