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Altbauten mit Wärmepumpen zu beheizen ist völlig illusorisch

Von 3.400 Wohnungen der BWG werden 2.900 mit Fernwärme versorgt. Wir sprachen mit Holger Köhncke über Heizungsabrechnung, Heizungsanlagen, Stromversorgung, Gaspreisexplosion und warum Bernburg gut aufgestellt ist.


Mittlerweile hat man das Gefühl, das suggeriert wird, wir kleben ein bisschen Dämmung an die Gebäude, stellen eine Wärmepumpe davor und haben eine CO² Neutrale Beheizung der Gebäude.

 

Von 3.400 Wohnungen der BWG werden 2.900 mit Fernwärme versorgt. Wir sprachen mit Holger Köhncke über Heizungsabrechnung, Heizungsanlagen, Stromversorgung, Gaspreisexplosion und warum Bernburg gut aufgestellt ist.

 

Fakt ist, der Gaspreis hat sich in 18 Monaten verdreifacht, wohin die Preise klettern ist derzeit nicht absehbar. Was die Nebenkostenabrechnung betrifft, diese werden sich verdoppeln. Wer bis jetzt 50 Euro für Wärme bezahlt hat, wird künftig 100 Euro bezahlen. Die Politik fordert eine CO² Neutrale Beheizung und Wärmepumpen.

 

Aber sind Wärmepumpen mit vorhanden Heizungssystemen effektiv?

 

Was nicht Kommuniziert wird ist, das bei 90 % des Gebäudebestandes der BWG das so nicht funktioniert, weil Wärmepumpen im Altbaubestand, auch wenn dieser gedämmt ist, aufgrund der vorhandenen Heizungssysteme die verbaut sind, überhaupt nicht effektiv funktioniert.

 

Bei einem energetisch Top saniertem Haus, mit Wärmepumpe und Fußbodenheizung kann man sagen, aus 1 kwh werden 4 bis 4 1/2 kwh Wärme erzeugt. Wenn Altbauten mit Vorlauftemperaturen von 60 bis 65° beheizt werden, dann ist die Effizienz einer Wärmepumpe maximal, dass aus 1 kwh 2 kwh Wärme produziert werden. Bei 35 Cent Strom / kwh passt dies nicht.

 

Ist Fernwärme die Lösung in Richtung CO² Neutralität?

 

Deshalb ist es für mich ein Glückszustand und auch ein Privileg, das wir in Bernburg ei sehr gut ausgebautes Fernwärmenetz haben, sagt Holger Köhncke. Die Fernwärme bietet zum einen die nötigen Vorlauftemperaturen, um die Altbaugebäude nicht grundsätzlich komplett neu sanieren zu müssen. Die Modernisierungskosten und die Umlagen würden die Energieeinsparung, auch bei weiter steigenden Energiepreisen übersteigen. Außerdem besteht zu dem die Chance, die Fernwärme langfristig in Richtung CO² Neutralität zu bringen.

 

Altbauten mit Wärmepumpen zu beheizen ist völlig illusorisch

 

Jetzt steht eine Förderung im Fokus, für die Änderung von Fernwärmenetzen, und für die CO² neutraler Ertüchtigung der Erzeugeranlagen. Das ist eine richtige über wichtige Weichenstellung, weil die Illusion, dass wir bis 2045 unsere Altbaubestände, die nun mal in Bernburg dominieren, energetisch dahin ertüchtigt haben, das wir diese alle mit Wärmepumpen beheizen können, sind völlig illusorisch. Wir haben weder das Geld, noch die Handwerker, noch würden wir das ganze logistisch stemmen können, im weitgehend bewohnten Wohnungsbestand komplett durchzusanieren.

 

Die Zielstellung der Bundesregierung, das Gebäude bis 2045 CO²-Neutral sind, ist nur realistisch, was den Hausstromverbrauch betrifft. Hier lässt sich mit PV sehr viel und sehr effizient was machen, das Kernproblem ist aber die Heizung.


Da wäre der Punkt, an dem Fernwärme alles das bietet! Für die Erzeugung von Wärme sind in Bernburg zwei große Blockheizkraftwerke verantwortlich. Wenn es an diesen beiden Stellen möglich wäre, den Anteil der regenerativen Energien weiter zu steigern, dann wäre dies das beste Mittel, den größten Teil der Gebäudebestände CO²-Neutral zu beheizen.

 

Was würde ein Verbot von Gasheizung ab 2024 bedeuten?

 

Grundsätzlich vernünftig ist, bei Neubauten auf optimale Technologien zu setzen. Für Neubauten ist Gas nicht haltbar. Einen Neubau kann man so bauen, das dieser auch hocheffizient mit einer Wärmepumpe funktionieren kann. Bei Neubauten ist es in der Regel auch kein Problem, eine entsprechende PV-Anlage aufs Dach zu setzten. Auch wenn man die Beheizung im Winter damit nicht effektiv hin bekommt, aber zumindest die gesamte Warmwasserversorgung im Sommer und die Eigenerzeugung des Hausstrombedarfes lässt sich somit abdecken.

 

Wenn dieses Verbot für den Altbaubestand gelten sollte, dann wird das ganze Thema problematisch. Die Technologie der Zukunft ist vielleicht, andere Gase zu nutzen, wenn wir uns vom Erdgas verabschieden wollen.

 

Aber was machen wir mit unseren ganzen Gasnetzen?

 

In Bernburg ist das Gasnetz vor zwanzig Jahren komplett neu gebaut, soll das jetzt stillgelegt werden oder wollen wir mal überlegen, inwieweit sich mit synthetischen Gasen arbeiten lässt? Es gibt die Möglichkeit, Erdgas etwas dazu zu mischen, es steht nicht drin, das Gasheizungen verboten werden, sondern zu 65 % soll bei Heizungen der regenerative Anteil vorhanden sein.

 

Mit einer Hybrid-Technologie könnten auch Altbauten beheizt werden, in dem man in der gesamten Übergangszeit , wo der Wärmebedarf nicht so hoch ist, Gebäude mit Wärmepumpen beheizt und in den Wintermonaten, wenn die Spitzenlast hoch ist, Gas dazu zu feuern. Im Ergebnis würde dies, wenn teils regenerative Gase genutzt werden und die bauphysikalischen Gegebenheiten der Gebäude betrachtet, gut funktionieren.

 

Altbaugebäude mit regenerativen Strom zu beheizen ist unrealistisch

 

Aber diesen alleinigen Weg, der von der Politik aufgezeigt wird, alle Altbaugebäude perspektivisch mit regenerativen Strom zu beheizen, der ist rein technisch gesehen, im Moment absolut nicht realistisch.

 

Sind mehr PV-Anlagen für die Bernburger Wohnstätte realistisch?

 

Wir haben mal die Flächen überschlagen, wo PV-Anlagen installiert werden könnten. Je kleiner die Anlage ist, um so teurer wird diese pro KWp.

Der wirtschaftliche Ansatz wäre, große zusammenhängende Dachflächen mit möglichst wenig Einbauten wie Dachfenster, Gauben oder Schornsteine zu nehmen. Die Kapazitäten auf den Dächern der BWG liegt ungefähr bei 20.000 qm. 

 

Es ist zwar sehr schlau, eine PV-Anlage auf Dächer zu bringen, allerdings ist es eine Kostenfrage, weil das Geld vorhanden sein muss, außerdem ist die Akzeptanz bei der Mieterschaft notwendig. Das größte Problem ist aber das Material zu bekommen und die dementsprechenden Monteure dazu.

 

Bringen PV-Anlagen Planungssicherheit bezüglich Hausstrom?

 

Mittelfristig gesehen, sind diese PV-Anlagen das einzige Mittel, um Mietern bezüglich Hausstrom eine Planungssicherheit geben zu können. Zumindest zwischen März und Oktober kann man relativ sicher sagen, die Kilowattstunde Solarstrom kostet so- und soviel Euro. Mit Sicherheit ein Thema für die Zukunft, die PV-Anlagen arbeiten mittlerweile auch sehr Effektiv. Auch die Speichertechnologien werden immer ausgereifter. Für Insellösungen in den Innenstädten, wo auf vielen Dächern gar keine effizienten Solaranlagen verbaut werden können, könnte künftig der Vernetzungsgedanke eine große Rolle spielen.

 

Wäre eine Vernetzung von PV-Anlagen effektiv?

 

Der relative große Gebäudebestand der BWG würde es erlauben, auf einem Gebäude eine PV-Anlage unterzubringen, auf dem anderen nicht. Aber mit der Vernetzung und dem leistungsfähigem Stromnetz in Bernburg, wäre dies Möglich, was fehlt sind so etwas wie Cloud-Lösungen.

 

Realistisch ist die Hausstrom-Versorgung mit einer zentralen oder dezentralen Lösung und einer PV-Anlage auf dem Dach und einen Ökostromtarif im Winter. Mit Wärmepumpen schaffen wir dieses Ziel nicht!

 

Was sollten Hausbesitzer jetzt tun?

 

Hausbesitzer mit Gasheizung können bloß hoffen, das man das Gas von der Liste der Verbannung nimmt und sich lieber überlegt, wie man technisch Gase erzeugen kann, die wesentlich besser Werte im Bezug auf CO² Neutralität haben.

 

Die zweite Alternative ist schlicht und ergreifend, Holz. Aber ob Holz wie Pellet's und das verheizen von nachwachsenden Rohstoffen für unsere Städte das non plus ultra ist, bleibt zweifelhaft.

 

En Beipass der Energiewände ist, das viele Hausbesitzer sich wieder Öfen und Kamine hingestellt haben, das mittlerweile die Feinstaubbelastung des Hausbrandes die Feinstaubbelastung des Verkehrs überschritten hat.

 


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Kommentare: 1
  • #1

    gvDIgrDT (Dienstag, 26 Juli 2022 09:27)

    1