Fachdienst für Veterinärangelegenheiten kritisiert Tierhalter, die Tiere ohne triftigen Grund abgeben. Warum importiere Hunde und Katzen das Tierleid im Salzlandkreis verschärfen.
Endstation Tierheim! Im Salzlandkreis finden nur noch selten Hunde und Katzen aus Tierheimen ein neues liebevolles Zuhause. „Die Vermittlung von diesen Tieren ist beinahe zum Erliegen gekommen“, erklärt der zuständige Sachgebietsleiter des Fachdienstes für Gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärangelegenheiten des Salzlandkreises, Tierarzt Dr. med. vet. Christian Lutter. Er appelliert an die Bevölkerung, sich die Anschaffung eines Tieres genau zu überlegen: „Hunde oder Katzen zu halten, kostet über viele Jahre hinweg Zeit und vor allem Geld. Das muss jedem bewusst sein, der sich Tiere anschaffen will.“ Wer Tiere ohne triftigen Grund im Tierheim abgeben will, belaste die Allgemeinheit.
Dass die drei kommunalen Tierheime in Bernburg, Schönebeck und Aschersleben mit ihren 150 Plätzen für Hunde und 100 Plätzen für Katzen mittlerweile komplett ausgelastet sind, hat nach Angaben des Sachgebietsleiters mehrere Ursachen: Viele gerade während der Corona-Pandemie angeschafften Tiere wurden nach Aufhebung der damit verbundenen Einschränkungen zuletzt in Tierheimen abgegeben. Hinzu kommen gestiegene Kosten für Tierarzt und Lebensunterhalt. Verschärft wird die Situation mittlerweile durch den Trend, sich ein Tier im Ausland zu kaufen. Mehr als 100 Hunde und Katzen wurden seit 2022 zumeist aus Rumänien, Portugal oder Spanien offiziell eingeführt – doppelt so viele wie in den Vorjahren.
„Dieser Import verschlimmert zumindest indirekt das Leiden vieler hier lebender Haustiere, die vielleicht deshalb kein neues Zuhause finden“, sagt Dr. Lutter. Er rät explizit davon ab, etwa Hunde oder Katzen im Ausland zu kaufen. „Es handelt sich oft nicht um Straßentiere, wie auch einige Tierschutzorganisationen glauben machen wollen, sondern um extra für den deutschen Markt gezüchtete Tiere.“ Das Problem sei, „dass es bei uns leider Gottes bereits seit langem zu viele Hunde und Katzen gibt, um die sich außer in den Tierheimen niemand mehr schert“.
Ascherslebens Tierheimleiterin Silvia Rupkalwies sagt, man sei aufgrund des Trends mittlerweile dazu übergegangen, Tiere nur noch aufzunehmen, wenn die Kosten dafür von den Haltern übernommen werden. „Wir können es anders weder personell noch finanziell noch leisten.“
Kerstin Kauert, Vorsitzende des Tierschutzvereins Schönebeck und Umgebung, erklärt: „Viele möchten das perfekte Tier – makellos, jung, geimpft und gesund. Diesem Anspruch können wir aber leider in vielen Fällen nicht nachkommen, weil die Tiere, die abgegeben werden zumeist das Gegenteil sind.“ Schwer an neue Besitzer zu vermitteln sei aufgrund der rechtlichen Vorgaben auch die Vermittlung von Listenhunden oder Hunden mit schwierigem Wesen, die etwa nach Beißattacken ihren Haltern entzogen worden sind.
Dr. Christinan Lutter sagt: „Tiere ins Tierheim zu geben, ist trotz des täglich aufopferungsvollen Engagements der Mitarbeiter im Tierheim mit Blick auf das Tierwohl eine schlechte Entscheidung. Denn sie fristen dort teilweise bis zum Tod ihr Dasein.“ Insbesondere Katzen als natürliche Frei- und Einzelgänger gehören seiner Aussage nach nicht in Tierheime.
Der amtliche Tierarzt sagt: Niemand kritisiere, wenn Tiere etwa aufgrund einer persönlichen Notlage abgegeben werden müssen. „Ein Tier abzugeben, nur weil es krank ist oder weil die letzte Tierarztrechnung zu hoch ausgefallen ist, kann die Gesellschaft jedoch nicht akzeptieren.“
Welche Auswirkungen die vollen Tierheime mittlerweile für die amtlichen Tierschützer haben, erklärt die Tiergesundheitskontrolleurin Katrin Dobronski: Man müsse sich nach Hinweisen von Nachbarn unter anderem mit einem Fall befassen, bei dem rund 30 Katzen auf engstem Raum mit zwei Personen leben. Die Halter seien zwar nach eigener Einschätzung Tierliebhaber und kümmerten sich entsprechend auch um das Wohl der Tiere. „Sie haben allerdings längst die Kontrolle verloren.“
Die Tiergesundheitskontrolleurin sagt, man habe bereits im vergangenen Jahr auf eigene Kosten alle männlichen Katzen kastriert. Eine Kastration kostet mindestens 80 Euro. Damals hatte man „nur“ rund 15 Katzen in dem Haushalt gezählt. Jetzt habe sich herausgestellt, dass die Personen weitere Katzen aufgenommen haben und es mittlerweile weitere Jungtiere gebe. „Es widerstrebt uns, kein amtliches Haltungsverbot nach dem Tierschutzgesetz auszusprechen und die Katzen im Haushalt zu belassen. Aber selbst außerhalb des Salzlandkreises kann sich kein Tierheim weitere Katzen aufnehmen.“
Tierarzt Dr. med. vet. Christian Lutter ergänzt, in ähnlichen Fällen müsse man im Interesse der Halter sogar weitere Ämter wie die Betreuungsbehörde oder den Fachdienst Jugend und Familie einschalten, um die oft vielschichtigen Probleme bearbeiten zu können. Sobald der Fachdienst ins Spiel kommt, steht häufig für die Halter auch die Frage im Raum, wie die damit verbundenen Kosten getragen werden können. Nicht selten die Folge: die Privatinsolvenz.
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