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Geringe Kassenmängel: Finanzamt hat kein Recht auf hohe Schätzung

Zumindest bei geringfügigen Mängeln sind Hinzuschätzungen über die konkreten Auswirkungen dieser Mängel nicht gerechtfertigt. Steuerberater und Rechtsbeistand Wolf-Dieter Kleinschmidt weist damit auf eine Entscheidung des Finanzgerichts Münster hin, mit der dem Finanzamt Grenzen für ausufernde Schätzungen gezogen wurden.


In jeder Betriebsprüfung geht es um die Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung. Ist diese nicht gegeben, hat der Betriebsprüfer „freie Bahn“ für Hinzuschätzungen bei Umsatz und Gewinn. Zumindest bei geringfügigen Mängeln sind Hinzuschätzungen über die konkreten Auswirkungen dieser Mängel nicht gerechtfertigt. Steuerberater und Rechtsbeistand Wolf-Dieter Kleinschmidt weist damit auf eine Entscheidung des Finanzgerichts Münster (FG) vom 09.03.2021 (1 K 3085/17) hin, mit der dem Finanzamt Grenzen für ausufernde Schätzungen gezogen wurden.

 

In dem Urteilsfall ging es um einen Imbiss, der die täglichen Bonrollen der elektronischen Kasse aufbewahrt, aber an insgesamt fünf Tagen in drei Jahren einzelne Barumsätze nicht in der Kasse erfasst hatte. Außerdem wurden an neun weiteren Tagen Kassenbewegungen um ein bis wenige Tage verspätet in der Kasse verbucht. Das nahm der Betriebsprüfer zum Anlass, die Umsätze nach den amtlichen Rohgewinnaufschlagsätzen zu schätzen; es kam zu einer Verdreifachung der bisher erklärten Gewinne.

 

Das FG hat die Hinzuschätzungen auf die in der Kasse nicht erfassten Beträge von knapp 100 Euro begrenzt. Die vom Betriebsprüfer festgestellten Kassenführungsmängel führten nicht dazu, dass die Aufzeichnungen insgesamt verworfen werden könnten. Dies ergebe sich zum einen aus der geringen Häufigkeit der Mängel im Verhältnis zu den gesamten Geschäftsvorfällen, die das Finanzamt selbst mit 25.000 bis 30.000 pro Jahr geschätzt habe und zum anderen aus der geringen Gewinnauswirkung von weniger als 100 Euro. Auch die aufgrund dieser Mängel möglicherweise nicht gegebene Kassensturzfähigkeit beschränke sich lediglich auf einzelne kurze Zeiträume.

 

Es bestehe auch aus anderen Gründen kein Anlass, die sachliche Richtigkeit der Aufzeichnungen zu beanstanden. Die erklärten Ergebnisse lägen innerhalb der amtlichen Richtsätze und die durchgeführten Geldverkehrsrechnungen führten lediglich zu Ergebnissen, die sich im Rahmen üblicher Unschärfen bewegten, so das FG.

 

Das Urteil zeigt deutlich, wie wichtig eine ordnungsgemäße Kassenführung ist. Denn andere Finanzgerichte könnten durchaus restriktiver und damit zu Lasten der Steuerpflichtigen urteilen.


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