Der neue Koalitionsvertrag enthält wichtige Aussagen zur Stärkung der Binnenschifffahrt
Nach rund einem Monat intensiver Verhandlungen haben die künftigen Regierungsparteien SPD, Grüne und FDP gestern ihren Koalitionsvertrag vorgestellt. Das 178 Seiten umfassende Papier enthält zentrale und wichtige Aussagen zum Güterverkehr und zur Schifffahrt sowie zur Stärkung des Systems Wasserstraße. Der Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt e.V. (BDB) hat bereits eine erste Bewertung der für Binnenschifffahrt, Häfen und Güterverkehr relevanten Passagen vorgenommen.
Positiv ist, dass mit der angekündigten Stärkung der Hinterlandanbindungen und dem beschleunigten Ausbau der Schleusen, also der weiteren Entwicklung der Wasserstraßeninfrastruktur, eine Hauptforderung des Verbandes aufgegriffen wird. Die angekündigte Stärkung der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) ist dabei ein wesentlicher Baustein.
Außerdem wird die gemeinsame Verantwortung des Bundes für die Hafeninfrastrukturen betont und eine intensive Zusammenarbeit der Häfen untereinander angestrebt. Der BDB ist bereits im August als Partner für die Erarbeitung der neuen „Nationalen Hafenstrategie“ angesprochen worden und wird hier seine Expertise einbringen.
Mit intensiveren Bürgerbeteiligungsverfahren bei Infrastrukturvorhaben wurden in der Schifffahrt bereits positive Erfahrungen gemacht, zuletzt etwa beim Infrastrukturprojekt „Abladeoptimierung am Mittelrhein“. Im Rahmen einer sog. „Konsultationsphase“ wurden hierbei die Anmerkungen aller maßgeblichen Akteure von der Verwaltung bereits früh gehört und gebündelt.
„Wir sind gespannt, wie die Regierung diesen Prozess weiter in Richtung eines ‚Dialogs zu Klimaresilienz und Naturschutz‘ weiterentwickeln will, und wir werden uns als Schifffahrtsverband auch hierbei selbstverständlich aktiv einbringen. In diesem Zusammenhang ist der angekündigten Neubewertung der Ausbaumaßnahmen im laufenden Bundesverkehrswegeplan besondere Aufmerksamkeit zu widmen: Das sprichwörtliche Rad sollte hier nicht neu erfunden werden, zumal die wenigen, aber für die Branche sehr wichtigen Ausbauprojekte im Bereich der Flüsse und Kanäle bereits ausreichend fachwissenschaftlich unterlegt sind“, erklärt BDB-Präsident Martin Staats (MSG).
Die Binnenschifffahrt steht in den nächsten Jahren und Jahrzehnten vor großen Herausforderungen bei ihrem Transformationsprozess hin zu einer erneuerten, möglichst klimaneutralen Flotte. Die Regierung setzt deshalb die richtigen Akzente, wenn sie nun das Flottenerneuerungsprogramm anpasst und den Landstrom und alternative Treibstoffe fördert, und gleichzeitig darauf achtet, dass die aus dem „Fit-for-55“-Programm resultierenden Gesamtbelastungen für das Gewerbe nicht überbordend werden. Der BDB hatte stets gefordert, dass die Kombination aus Fordern und Fördern in einem angemessenen Verhältnis stehen muss. Damit die Transformation hin zu einer klimaneutralen Binnenschifffahrt gelingen kann, müssen die bereits bestehenden Förderprogramme für das Gewerbe intensiviert und finanziell besser ausgestattet werden, damit die heute noch sehr kostenintensive Umrüstung auf alternative Antriebe gelingt. Der BDB wird sich außerdem intensiv für ein Flottenneubauprogramm für Binnenschiffe einsetzen. Das Gewerbe ist bereit, seinen entsprechenden Beitrag zu leisten und Investitionen zu tätigen.
BDB-Präsident Martin Staats resümiert: „Die getroffenen Aussagen zum Schiffsverkehr sind erfreulich, da sie die für die Branche notwendigen Maßnahmen abbilden. Sicherlich hätten wir uns an der einen oder anderen Stelle mehr Verbindlichkeit und Präzision, etwa zum Verlagerungsziel und zu den erwähnten Anpassungen am Flottenerneuerungsprogramm, bereits im Koalitionsvertrag gewünscht. Das werden wir nun in den kommenden Wochen mit dem neuen Bundesverkehrsminister besprechen und konkretisieren. Wir regen an, die Umsetzung des Koalitionsvertrags wieder in Form eines ‚Masterplans Binnenschifffahrt‘ vorzunehmen.“
Im Folgenden werden die für den Schiffsverkehr relevanten Aussagen zum Schiffsverkehr (Zeilen 1713 ff.) im Wortlaut wiedergegeben:
„Wir werden eine Nationale Hafenstrategie entwickeln und die enge Zusammenarbeit unserer Häfen fördern. Der Bund steht zur gemeinsamen Verantwortung für die notwendigen Hafeninfrastrukturen. Den Schifffahrtsanteil im Güterverkehr wollen wir steigern und dazu auch Hinterlandanbindungen stärken. Wir werden Landstrom und alternative Antriebe und Kraftstoffe fördern. Wir werden das Flottenerneuerungsprogramm für die klimafreundliche Binnenschifffahrt anpassen. Wir wollen bei der Ausgestaltung von Fit for 55 die Gesamtbelastungen für die Schifffahrt im Blick behalten. Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrografie werden wir stärken, um eine einheitliche Flaggenstaatsverwaltung einzuführen und um den Offshore-Windenergieausbau zu beschleunigen. Wir werden Sanierung und Ausbau von Schleusen beschleunigen. Wir werden einen gesamtgesellschaftlichen Dialog zu Klimaresilienz und Naturschutz bei Wasserstraßen initiieren. Wir werden die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung stärken und ihre Effizienz erhöhen.“
Über den BDB e.V.:
Der 1974 gegründete Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt e.V. (BDB) setzt sich für die verkehrs- und gewerbepolitischen Interessen der Unternehmer in der Güter- und Fahrgastschifffahrt gegenüber Politik, Verwaltung und sonstigen Institutionen ein. Der Verband mit Sitz in Duisburg und Repräsentanz in Berlin vertritt seine Mitglieder außerdem in sämtlichen arbeits- und sozialrechtlichen sowie bildungspolitischen Angelegenheiten und ist Tarifvertragspartner der Gewerkschaft Verdi. Er ist Gründungsmitglied des Europäischen Schifffahrtsverbandes EBU. Mitglieder des BDB sind Reedereien, Genossenschaften und Partikuliere, nationale und internationale See- und Binnenhäfen, wissenschaftliche Einrichtungen, Verbände sowie gewerbenahe Dienstleistungsunternehmen. Mit dem Schulschiff „Rhein“ betreibt der BDB eine europaweit einzigartige Aus- und Weiterbildungseinrichtung für das Schifffahrts- und Hafengewerbe.
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